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Thomas Rehbein Galerie

Aachener Straße 5
D-50674 Köln
Germany/Deutschland
Tel: 0221-3101000
Fax: 0221-3101003
art@rehbein-galerie.de
www.rehbein-galerie.de
Öffnungszeiten:
Di - Fr 11-13 und 14-18, Sa 11-16
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Archiv

09.04.2021 - 15.05.2021
überwiegend Blau, aber auch Grau, Rot, Weiß und Grün
KünstlerIn(nen): Peter Tollens,

Pressemitteilung
Der bekannte Physiker, der sich mit der Journalistin in der Bar des Hotel Adlon in Berlin getroffen hatte, um ihr eine spannende wissenschaftliche Entdeckung näherzubringen, berichtete, sichtlich um Ruhe bemüht, er und seine Kollegen könnten beweisen, dass sich die Natur allein durch intensive Beobachtung in ihrem natürlichen Verhalten beeinflussen lasse und sich schließlich unnatürlich verhalte. Er sprach vom Quanten-Zeno-Effekt.



„– Was habe ich darunter zu verstehen?

– Wir können durch häufiges Beobachten einen radioaktiven Kern am Zerfall hindern.

– So wie man einen Selbstmörder, der am Rande eines Hochhauses posiert, durch Auf-ihn-Einsprechen an der Tat hindert? Man darf nicht zu viel und man darf nicht zu wenig reden?

– Das radioaktive Elementarteilchen, beobachtet, kommt nicht dazu, zu zerfallen.

– Und?

– Dasselbe passiert, wenn man einen radioaktiven Kern im Zerfall beschleunigt. Auch das geschieht durch Beobachten. […] Ist das nicht interessant?“



Die junge Frau stellte sich intime Begegnungen mit anderen vor, übertrug in Gedanken das Gesagte auf solche Szenen und glaubte zu verstehen, wovon die Rede war. Doch was auf dem Feld des körperlichen Begehrens offensichtlich ist – dass man sich selbst durch die Beobachtung eines anderen und beim Beobachten des Beobachters möglicherweise nicht mehr natürlich verhält und vielleicht sogar ins Schleudern gerät –, gilt ebenso für die Begegnung mit Kunstwerken. Wenn auch hier das Wechselspiel nicht so offensichtlich sein mag, verändern wir uns in der Begegnung mit Werken der Kunst – jedenfalls dann, wenn wir ihnen etwas Wesenhaftes zuerkennen – und erleben nicht selten, dass da „keine Stelle (ist), die dich nicht sieht“ . Wie ein lebendiges Gegenüber fordert das Werk etwas von uns. Zunächst Aufmerksamkeit und Konzentration. Aufmerksamkeit ist das große Stimulans und steht häufig am Anfang eines fruchtbaren Austauschs. Aufmerksamkeit ist das Gegenteil von stumpfsinnigem, interesselosem Dämmern. Bringt man den Werken Peter Tollens die geforderte Aufmerksamkeit entgegen, fragt man sie, was sie wollen, was sie begehren, dann kann ein Dialog entstehen, in dessen Verlauf sich beide Seiten bereichern und verändern. Anhaltende Aufmerksamkeit ist also ein notwendiger, wechselseitiger, ja geradezu lebenserhaltender Prozess. Fehlt sie jedoch, können Bilder siechen oder gar sterben. Aufmerksamkeit aber vitalisiert, so wie die Beobachtung durch den Physiker und die ihm gewidmete Aufmerksamkeit bewirken, dass der radioaktive Kern nicht zerfällt. Wichtig ist, dass aus dem Blick auf Bilder ein Blickwechsel entsteht. Die Grenzen zwischen Kunstwerk und Leben sind also fließend, auch wenn wir natürlich wissen, dass wir es sind, die den Bildern Leben verleihen, um mit ihnen kommunizieren zu können. Es liegt also an uns und unserer Art der Zuwendung, welche Bedeutung einer Arbeit, die ihrerseits aus einer erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber einer anderen Sache entstanden ist, letztlich zukommt.

Arbeit, nicht als notwendiges Übel, sondern positiv gedeutet, ist Aufmerksamkeit und Gestaltungswille. Arbeit erwirkt Zustandsveränderung. Tollens hat sein Leben, seine Arbeit und seine Aufmerksamkeit den Farben und ihrer Materialität gewidmet. Die hier versammelten, überwiegend blauen Bilder evozieren viel von dem, was diese eigentümliche Farbe auszeichnet. Wie keine andere steht Blau in der Spanne von Schwarz und Weiß. „Die Energie (dieser) Farbe, die dank ihrer Vertiefungsgabe das Nahe auf eine unendliche Ferne hin durchsichtig macht, hat sie zur Farbe der Utopie werden lassen.“ Blau steht für Sehnsucht, Aufschwung und Lauterkeit. Blau hält „einen Horizont offen, auch wenn es nicht mehr Nimbus ist über dem Parnaß. […] Erst wenn – mit Mallarmés Worten – das Gehirn in aller Hoffnungslosigkeit so ‚leer‘ geworden wäre, daß es seinen ‚finsteren Frieden‘ im ‚Trübsinn‘ gefunden hätte, wäre auch das Azur erstickt.“



Farbe verleugnet bei Tollens ihre Materialität nicht, ganz im Gegenteil. Die Bilder auf Holz, Leinwand und Schiefer wirken derart haptisch, dass es schwerfällt, die Finger beim Betrachten ruhig zu halten. In die Oberfläche haben sich Spuren und Zeichen der Beziehung zwischen Maler und Farbe eingeschrieben. Diese Oberfläche wirkt undurchlässig und durchlässig, widerstandsfähig und empfindlich. Als Haut ist sie nicht nur Grenzfläche zu den unter ihr liegenden Farbschichten, sondern auch entscheidend für die Entstehung einer Beziehung zum Betrachter. Die Oberfläche ist sowohl schützende Barriere als auch kontrollierende Membrane. Sie weist Öffnungen auf, lebendige, kontrollierende Öffnungen, durch die das Farbwesen ein- und ausatmet. Tollens Bilder wirken nicht zuletzt deshalb lebendig, weil sie aus der Tiefe vitalisiert werden. Farben durchdringen sich bei ihm körperlich, Farben sind Bindegewebe, Farben kommen aus dem Raum zwischen Haut und Knochen.



Das mit Ölfarbe auf Schiefer gemalte Bild Kobalt, Ocker, Ultramarin, Orange, Indanthron, Grün (2020) ist ganz in diesem Sinne oberflächlich und tiefgründig zugleich, ganz ineinander verflochtene Farbe. Es ist ein hoffnungsvolles Bild, das stark und selbstsicher wirkt. Ein Bild, mit dem ich gern kooperieren möchte, ein Bild, an dem ich meine Freude habe, mit dem ich gern befreundet wäre. Freundschaft und Liebe aber sind ja auch nichts anderes als „erhöhte Aufmerksamkeit für sich selbst und für jemand anderen, für sich selbst im Medium des anderen, für den anderen im Medium von sich selbst“ .



Überwiegend Blau, aber auch Grau, Rot, Weiß und Grün, das könnte auch eine Beschreibung unseres Planeten sein. Dass wir ihn heute so sehen, ist alles andere als selbstverständlich. „Wenn ein Außerirdischer sich um 630 Millionen Jahre v. Chr. der Erde genähert hätte, wäre ihm die Kugel nicht blau, sondern streng weißgrau erschienen, eher zum Schmutz als zur Farbe eines Arztkittels tendierend. Nur wenige Millionen Jahre später, also geologisch ‚bald darauf‘ oder ‚plötzlich‘, bildeten sich hellblaue Zonen, ein Versprechen in Richtung UNSERES BLAUEN PLANETEN. So ist noch viel Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderung verborgen im Blau. [...] Die Chance liegt zum Tiefblauen hin, so wie der Pazifik dem außerirdischen Auge erscheint, wenn er mehrheitlich wolkenlos ist. Dies bedeutet, daß über den Kontinenten die Wolken willkommene Nässe bringen.“



Während Blau das „Zukunftshaltige, Noch-Nicht-Gewordene in der Wirklichkeit“ bezeichnet, ist Rot weniger positiv besetzt. Mit Rot verbindet sich Zerstörung und Aggressivität. Die Fahne der Revolution ist rot. Dass es dazu kam, beruht jedoch eher auf einem historischen Zufall. Richtig wäre es, sie gegen eine blaue Flagge auszutauschen, und zwar in der „Farbe des Planeten, vom Asteroiden Ceres aus gesehen, ein Marineblau mit ultravioletten Schatten, gespeist mit einem filigranen Weiß, welches das Vorhandensein von Wolken repräsentiert: aus der Ferne ist solches Blau von besonderer Schönheit. Das Auge kann sich nicht satt sehen, weil im Gesichtsfeld kein Blau genau festgelegt ist. Eine milliardenfache Summe von Differenzen“ .



Peter Tollens könnte diese Flagge malen.



(Andreas Bee, 2021)


19.02.2021 - 03.04.2021
Anna Lena Grau - vom tastenden Reisen
Vernissage: 05.02.2021
KünstlerIn(nen): Anna Lena Grau,

Pressemitteilung
Die Thomas Rehbein Galerie freut sich, die sechste Einzelausstellung der Künstlerin Anna Lena Grau vom 05. Februar bis 06. März 2021 ankündigen zu können.



Grau ist eine Meisterin des experimentellen Kunstgusses. Bereits seit über zwei Jahrzehnten entwickelt sie das „geschlossene“ Verfahrendes Gießens weiter. Geleitet wird sie von der poetischen Vorstellung noch unrealisierter Formvorhandenheit oder eines Form-Möglichen. Dabei bedarf bereits der mehrschrittige Prozess des traditionellen Handwerks eines hohen fachlichen Wissens und besonderer Kunstfertigkeit. Dient der Kunstguss im Allgemeinen dazu, über den Abdruck eines Gegenstandes einen weiteren und normalerweise identischen herzustellen, griff und greift Grau in die Zwischenstadien ein und verselbstständigt Teilschritte des Verfahrens, um den künstlerischen Spielraum zu erweitern. Spezifischer gesagt, um den Raum, der zwischen Form-Positiv und Form-Negativ liegt, als eigentliche und selbstständige Form zu ermöglichen.



Was liegt zwischen Form-Positiv und Form-Negativ?



In den „Packstücken“ ist die Figur der verlorenen Form (das Form-Negativ) selbst die eigentliche skulpturale Figur. Graus „Packstücke“ stellen die zerlegten Adjutanten der global reisenden Menschen dar – jedem Stück liegt die Abformung eines konkreten Koffers zugrunde. Die Reduktion auf klare, konkrete Elemente und das Fehlen jeglicher schmückenden Anteile, sprich, aller Zusätze, die nicht zwangsläufig zum Objekt gehören, rufen sowohl Tendenzen der Minimal-, als auch Pop Art in Erinnerung. Graus Koffer allerdings sind in ihrer Handlichkeit brüchig geworden und rau – wie in den Schichten seiner Oberfläche aufgeriebenes Schwemmgut. Es sind skulpturale Figuren, die ihre konkrete Gestalt, ihr Form-Positiv überschreiten oder entblättern und in die nächste Dimension des Juddschen „it is, what it is“, blind und tastend hineinfallen. So zeigt sich den Betrachter*innen an der Oberfläche der Figuren offen und sichtlich die “Befindlichkeit“ der Skulptur. Ihre Situativität, die sich als Kategorie des Raums, der Haptik, der Optik, ihres Gewichts und der Form äußert.



„Bug Curtain“, eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Anna Lena Grau und Julia Frankenberg, assoziiert mitunter ob der vorhangartigen Aufhängung an Ketten, eine Wand voller Votivtafeln assoziieren. In oder auf ihnen sind konkrete Abdrücke und Ausstülpungen zu sehen, von Händen, von bestimmten Handgesten und von quasi naiven Reliefformationen, die an vorzeitliche Versteinerungen von Skeletten denken lassen. Einzelne andere Tafeln lesen sich als Aufsprengung dessen, was die Grundlage der vorher identifizierten Formation dient: die vermeintlich flache und sichere Fläche. So ist eines der “Votiv“-Objekte beispielsweise ein Multiplikat an Tafelflächen, und bei einem anderen endet die Rahmung als lose Linie.









Sind die verschiedenen „Bugs“ in Aluminium veredelte Objekte, die mit dem Fetisch der Votivtafel spielen, manifestiert sich das mit ihnen Gelobte oder Versprochene (das Votum) als Ausbuchtung der lebendigen – oder auch toten Körperform. Körper, die ihre Gestalt in die weiche Fläche gedrückt haben, geknetet wurden oder eingedrungen sind. So ist „Bug Curtain“ die Etüde einer durchweg unheimlichen Vorstellung. Denn was würde passieren, wenn eine Tafel, ein Screen oder ein Handydisplay plötzlich plastisch und weich werden würde?



Maulwürfe graben fantastische Tunnelsysteme, ja ganze Architekturen durch die verborgenen Erdschichten – und das blind. Wir sehen nur die Spuren der Tierchen, den an die Oberfläche beförderten Aushub ihrer heroischen Arbeit: die wohlbekannten Maulwurfhügel. Über diese ärgert man sich oder stolpert auch mal darüber, denn spektakulär sind sie nicht. Organisch krümelige Haufen an Erdmaterie, die weichen mussten, um den Lebensraum des Tierchens zu gestalten. Gleichzeitig markieren sie die Ein- und Ausgänge zu den verschlungenen Wegen unter der Erde. Sie sind Wegzeichen, sie sind Male auf der Erdoberfläche.



Die Maulwurfhügel sind Graus früheste Gussarbeiten. Um das eigentlich weiche Material, die tonige Erde, im Original abgießen zu können, machte sie sich in der winterlichen Landschaft auf die Suche nach Maulwurfhügeln. In Plain Air, meist auf Kuhweiden, errichtete sie kleine Gießstätten um einzelne der durch den Frost erhärteten Hügelchen ein und nahm von der gefrorenen und somit erhärteten Erde, mit Schamotte den Abdruck für den Abguss der Form in Bronze. Ihr Blick richtet sich – nun ist sie Forscherin – auf die im Detail wilde Formenlandschaft der Hügel, jeder Einzelne hat seinen eigenen Charakter, ist individuell – auch oder gerade wegen seiner situativen Zufälligkeit. Bei einem der Hügel sind die Erdbrocken schon etwas abgetragen, bei einem anderen war der Schwung der Aushebung wohl größer, die umgebende Erde nasser, oder grobkörniger.



Und doch gilt der Blick auf das Eigenleben der Formationen nicht der Fertigung eines getreuen Porträts oder Identifikation. Graus Untersuchungen gelten nicht dem Phänomen der Oberfläche, sondern vielmehr ihrem Brüchigwerden als Grenze zu einem anderen - konkret und imaginär – vibrierend poetischen Raum. Ihre Skulpturen geben den Dingen, die normalerweise dem leblosen Raum zugeordnet werden, ihre Poesie zurück und lassen uns ihre Verletzlichkeit, ihre Ausgesetztheit und Intimität sehen.



(Franziska Glozer, 2020)


13.11.2020 - 13.02.2021
Andreas Gefeller
Vernissage: 13. November 2020 (Soft Opening 11-21 Uhr)
KünstlerIn(nen): Andreas Gefeller,

Pressemitteilung
Schwindende Naturgröße



1803 erstellte der Londoner Apotheker Luke Howard eine „methodische Nomenclatur der verschiedenen Formen, unter denen das in der Atmosphäre schwebende Wasser vorkömmt“. In seiner Klassifikation der Wolkentypen beschreibt er drei noch heute gültige Grundkategorien, nämlich Cirrus (Federwolke), Cumulus (Haufenwolke) und Stratus (Schichtwolke). Für Caspar David Friedrich war eine solche systematische Einteilung der Wolken in Klassen jedoch gleichbedeutend mit dem „Umsturz der Landschaftsmalerei“. Er lehnte sich dagegen auf, die „leichten, freien Wolken sklavisch in diese Ordnung gezwängt“ zu sehen. In Friedrichs romantischer Auffassung folgten die Naturformen seinem sehenden, „geistigen Auge“.

Vielleicht folgt Andreas Gefeller sowohl einer wissenschaftlichen Neigung als auch einem genuin romantischen Impuls, wenn er sich für seine fotografische Serie Clouds (2019) den gewaltigen Elementen aussetzt. Gefeller begibt sich in die Mitte der „Wolkenwandelbarkeit“ (Walter Benjamin), wo die feuchten Luftgebilde dicht hervorquellen und ihre trägen Ausstülpungen aus Wasserdampf sich himmelwärts emporschieben. Riesige Formationen blähen sich vor ihm auf, schwellen an, in ständiger Verschiebung türmen sie sich wie Gebirge über ihm auf. Oft im Gegenlicht stehend, blickt der Fotograf mal durch undurchdringliche, voluminöse Massen, mal durch fedrige Schwaden.

Wie der Wanderer über dem Nebelmeer von Caspar David Friedrich ist der Künstler – obgleich nicht im Bild – hier Teil des thermodynamischen Schauspiels. Der Wanderer im Gemälde von 1818 blickt auf wabernde Schleier aus milchigem Dunst, die sich im Wechsel mit kargen Felsspitzen in die Ferne erstrecken. Durch die bewegten Formationen scheinen die räumlichen Dimensionen aufgehoben, das individuelle Empfinden von Höhe, Weite und Tiefe angesichts der grenzenlosen Ausdehnung außer Kraft gesetzt – und das ganz in dieser wechselvollen Ansicht vertiefte Subjekt gleichsam verloren.

Gefeller verhilft den in ihren Anteilen an Luft und Wasser changierenden atmosphärischen Gebilden, deren Wiedergabe bis zur Romantik aufgrund dieser unbestimmt nebulösen Eigenschaft außerhalb des linear-perspektivisch Fassbaren bzw. Darstellbaren lag, zu einer deutlich umrissenen Form. Durch minimale Eingriffe in die digitale Rohdatei verschärft er die Konturen und intensiviert die Farbwerte. Licht und Schattenpartien unterscheiden sich dadurch deutlicher, ebenso wie sich ein erstaunlich differenziertes Spektrum an Blautönen eröffnet. Mit Hilfe von Weißabgleich und Kontraststeigerung erlangen die ephemeren Erscheinungen eine überraschend monumentale Gestalt und farbliche Ausdruckskraft.

Und doch werden diese höchst kunstvollen, an barocke Dramatik gemahnenden Effekte nicht durch künstliches Zutun erzeugt. Gefeller manipuliert keinesfalls die vorgefundene Situation, vielmehr werden bislang unerreichte Bereiche der Realität zur Geltung gebracht und so zugänglich. Wie jene





Farbnuancen, die durch die Reflexionen des Himmels in den feinsten Wassertropfen entstehen und deren koloristischer Reichtum sich nun dem bloßen Auge offenbart. Aus Vorhandenem schöpfend, bringt Gefeller die – als Information in der Rohdatei angelegte – „Wahrheit“ der Wolken jenseits der Wahrnehmung zum Vorschein. Das physikalische Ereignis entfaltet eine ungeahnte ästhetische Anziehungskraft.

Durch seine Erweiterung der Dimension des Erfahrbaren bringt Gefeller das Erhabene mit modernen Mitteln nah. Mit dem hervorgerufenen Natureindruck kommt jenes Gefühl der Überwältigung auf, das Empfinden, welches den Menschen angesichts unermesslicher Naturgröße ereilt und sich auf das Erhabene zurückführen lässt. Bereits in der Antike als das Unsichtbare, Unbeschreibliche beschrieben, wird die „Unangemessenheit unseres Vermögens der Größenschätzung“ nach Kant vor allem spürbar in Gegenwart dessen, „was schlechthin groß ist“, d.h. was über jeden Vergleich hinausgehend groß sich unserer Einschätzung entzieht. Es erzeugt einen Taumel, einen Schwindel – bis hin zur Todesangst. In diesen existenziellen Erfahrungen natürlicher Urgewalt erscheint die Gefahr reizvoll und das Schöne mit dem Schrecklichen gepaart.

Auch bei Gefeller steht die Schönheit der Wolke mit dem Schrecklichen in fataler Verbindung. Als Teil der „Wahrheit“ offenbart sich nun neben dem Wahrheitsgehalt der Darstellung auch ihr Ursprung. Denn Gefellers beeindruckende Wolken sind keine natürlichen Vorkommnisse, als Wasserdampfemissionen entströmen sie den Kühltürmen des Kohlekraftwerks Neurath. Mit der Erkenntnis, dass es sich bei dem Himmelsphänomen um eine industrielle Ausscheidung handelt, ist die Faszination für das vermeintliche Naturspektakel jäh gebrochen, der schöne Schein durch die schreckliche Realität des Seins erheblich getrübt.

Und mit dem Wissen um diese künstlichen Erzeugnisse verfliegt gleichwohl der Eindruck des Erhabenen, der den Schrecken im Sinne eines „delightful horrors“ evoziert, einer annehmlichen Angst, eines Nervenkitzels. Das hier real einsetzende Empfinden von Schrecken steht in einem zeitgemäßen Zusammenhang angesichts zerstörerischer Gewalt in Bezug auf die Umwelt. Gefeller greift das romantische Motiv zwar auf, unterzieht es aber einer neuen, kritischen Betrachtung, in der Wunsch und Wirklichkeit eklatant auseinanderfallen. Obwohl sie den Eindruck von Naturgröße heraufbeschwören, sind die Clouds Ausdruck des Gegenteils, und zwar einer durch ökologische Schäden geschwächten Natur. Den Aufnahmen wohnt somit ein tragisches Paradox inne, denn die imposanten Erscheinungen der Clouds künden von schwindender Naturgröße. Sie verbildlichen einen Verlust, den das – in seiner vollen Verantwortung – auf sich zurückgeworfene Subjekt schmerzhaft hinnehmen muss. Während die Romantik die Wolke zum Symbol innerseelischer Spannung kürt, kündet sie jetzt mit unvermindert schaurig-schöner Wirkmacht vom Zerwürfnis des Menschen mit der Natur als Lebensgrundlage.

Und doch bleibt in der immersiven Betrachtung der Clouds – trotz oder gerade wegen des heraufbeschworenen ökologischen Ungleichgewichts – der Eindruck unverfälschter Naturschönheit und die damit verbundene Sehnsucht haften: „Wir wollen unser Glück in Dingen finden, die in jedem Augenblick sich ändern oder vergehen; wir sollen die äußerste Befriedigung und Belehrung von dem erwarten, was man nicht halten kann und was schwer zu begreifen ist.“ (John Ruskin)



(Bettina Haiss, 2020)

In die Ausstellung


04.09.2020 - 31.10.2020
Heinz Breloh
Vernissage: 4. September 2020
KünstlerIn(nen): Heinz Breloh,

Pressemitteilung
Heinz Breloh (1940-2001) verstand sich zwar durch und durch als Bildhauer. Das Beharren des Künstlers auf einem spezifischen Medium, sein von außen betrachtet fast kapriziöses Zurückziehen aufs Handwerk des Bildhauerischen klingt allerdings merkwürdig ‚gewollt’ und geradezu mutwillig konservativ in einer Zeit, in der sich die Kunst traditioneller Genres und Sparten entledigt und „Postmedialität“ zu einem ihrerHauptkennzeichen avanciert. Vor dem Hintergrund einer ebenso umfassenden wie irreversiblen Konzeptualisierung der Kunst kann solch eine, scheinbar, nur übers Handwerkliche begründete Positionierung wie die Breloh‘s kaum anders als anachronistisch wirken. Doch ist sein Beharren auf derBildhauerei, seine Stilisierung zum Bildhauer unter doppelten Vorzeichen zu lesen. Wie seine bekanntesten Arbeiten, die in ihrer scheinbar unmittelbaren Körperlichkeit und drängenden Präsenz beinahe bedrohlich wirkenden „Lebensgrößen“ nahelegen und sogar zu bezeugen scheinen, nimmt es der Künstler dafür auf sich, in seinem Medium aufzugehen bzw. sich ihm im Zuge eines tänzerisch/theatral/rituell inszenierten Schöpfungsprozesses buchstäblich einzuverleiben. In diesem Sinne wäre die „Gegenwart des Bildhauers“ unübersehbar: seine skulpturalen Äußerungen wären die Spur, die ihr Macher im Zuge ihrer materiellen Herstellung und gestalterischen Ausformulierung hinterlässt und die er als Skulptur zeigen will.



Hans-Jürgen Hafner, Juni 2012, anlässlich der Ausstellung „Heinz Breloh-Die Anwesenheit des Bildhauers“ in der Galerie Walbröl Düsseldorf


03.07.2020 - 22.08.2020
HUNGER NACH BILDERN
Vernissage: 3. Juli 2020
KünstlerIn(nen): Joëlle Dubois, Julia Jansen, Anya Janssen, Michael Kalmbach, Stephan Melzl, Ulrich Pester, Leif Trenkler

Pressemitteilung
JOËLLE DUBOIS (*1990, Gent)

Dubois` Arbeiten beleuchten mit Ironie und Pragmatik die Kehrseiten digitaler Kultur. Die entblößenden Szenen einer Gesellschaft, die sich selber in den latent narzisstischen Selbstdarstellungen anderer reflektiert, kreisen um Sexualität, Einsamkeit und Selbstreflexion. Diesem Themenkomplex widmet sich Dubois auf eine ironische und auch komische Weise mit Leidenschaft in ihren Werken. Sie zeigt ihre Protagonisten exponiert und ungeschönt mit einem drastischen Realismus, der in der digitalen Welt oft sehr verzerrt und geschönt wird. Bei all dem ist sie selbst eine stille Beobachterin und schaut der Welt in ihrer eigenen Zurschaustellung eines eigenwilligen Perfektionismus zu. In den Bildnarrativen spielt der voyeuristische Blick auf intime Momente Wahrhaftigkeit vor, die Nacktheit der Figuren macht diese zutiefst verletzlich. Doch die allgegenwärtige Beschäftigung der gezeigten Personen mit dem Smartphone oder ähnlichen Tools lässt ihre Aura zwischen ignoranter Besessenheit und traurigster Apathie pulsieren.



JULIA JANSEN (*1972, Bonn)

Julia Jansens Gemälde sind Bilder von Bildern. Durch bewusst gesetzte, sichtbare und eindeutig das malerische Medium entlarvende Pinselstriche lenkt Jansen die Aufmerksamkeit weniger auf den dargestellten Gegenstand, sondern verweist vielmehr auf die mediale Darstellungsform. Die gezeigten Motive sind schnell genannt und ohne ikonografischen Mehrwert. Stattdessen wird durch zahlreiche Variationen eines Sujets Jansens Interesse für formale Fragen spürbar. Verschwommen, wie durch ein milchiges Fenster oder einen beschlagenen Spiegel betrachtet, sind die Gegenstände, deren weiche Kontur auch an die ungenaue Fokussierung bei der Fotografie denken lässt, durch verschiedene, sich überlagernde Malweisen verfremdet. Jansens souveräne Technik lotet den schmalen Grat zwischen Sein und Schein aus. Statt den Fokus auf die sichtbare Realität und deren konkrete Erscheinungsformen zu legen, betont Jansen die Einwirkungen auf den Sehsinn und damit die mit der Vermittlung des Bildes einhergehenden Einflüsse auf die Wahrnehmung.



ANYA JANSSEN (*1962, NL)

Die Frage, wie Menschen mit sich selbst und ihrer Umwelt umgehen und was ihre Entwicklung bestimmt, ist ein wiederkehrendes Thema in der Arbeit von Anya Janssen. In der Serie „Das Haus“ verzerrt Janssen eine lineare Zeiterfahrung. Sie lässt die Vergangenheit mit der Gegenwart zusammenfallen und erzählt so die Geschichte eines Hauses. Der Ort selbst ist von einer turbulenten und langen Geschichte geprägt. Janssen nahm den Gedanken an, dass Erinnerungen und Ereignisse sich an physische Orte binden. Janssens Arbeit erzählt Geschichten durch Eindrücke. In einer Reihe von narrativen Gemälden und Zeichnungen erreicht sie eine sehr enge, direkte Beziehung zu ihrem Thema. Die gemalten Objekte, Körper und Orte erhalten eine schwelende Spannung unter der malerischen Oberfläche. Ihr akribischer Stil lässt sie leblose Objekte mit einem ausgewogenen Gefühl von Lust und Resignation erfüllen. Durch die Verwendung von Verzerrung, Transparenz und einem entfremdenden Licht übersetzt Janssen die Realität und all ihre Facetten auf die Leinwand.



MICHAEL KALMBACH (*1962, Landau)

Der Ausgangspunkt der aquarellierten Bildwelten Michael Kalmbachs ist eine Ansammlung unbestimmter, großflächig angelegter Kleckse. Auf feuchte Papierbögen tropft und spritzt Kalmbach in willkürlicher Manier koloriertes Wasser, wobei sich die überschüssige Flüssigkeit in Pfützen ansammelt, so dass während der Trocknung Ablagerungen von Pigmenten zu Farbinseln unterschiedlicher Intensität gerinnen. Dieser unregelmäßige, fleischfarbene Fleckenteppich ist der amorphe Nährboden, dem die Bildwelten Michael Kalmbachs entspringen. Das ungebändigte All-Over wird strukturiert, Anordnungen von physiognomischen Merkmalen und Körperteilen lassen Gesichter und Gestalten erkennbar werden. Es entstehen märchenhaft anmutende Szenarien, von traumwandlerischen, entrückten Knabengestalten bevölkert. Ihre Figur ist oft nur angedeutet, erscheint sich durch die flüssige Kontur schemenhaft an der Oberfläche abzuzeichnen, um sogleich wieder zu verschwimmen, sich mit einer anderen Kurve zu vereinigen.



STEPHAN MELZ (*1959, Basel)

Die kleinformatigen Gemälde von Stephan Melzl weisen eine exquisite Farbgebung auf, deren intensive Leuchtkraft aus einem langsamen, lasierenden Farbauftrag hervorgeht. Nach einer Entwurfszeichnung, die wie ein erstes Gerüst die Bildfläche gliedert bzw. strukturiert, gibt sich Melzl der Malerei hin, aus seiner konzentrierten Beobachtung der Schichten lichter, transparenter Farbklänge ergibt sich die Bildfindung. Melzls meisterhafte Technik macht alles möglich, sie veranlasst die einträchtige Koexistenz disparater Elemente im Bild und lässt eine Bildrealität entstehen, in der Widersprüche harmonisch erscheinen und die Logik des Traums die Handlungsebenen verdichtet. Hinter diesem schönen Schein, der alles vereinheitlicht, geht es mitunter anarchisch zu. Melzl übernimmt oft bedeutende Einzelwerke oder traditionelle Bildformeln der Kunstgeschichte und ergänzt das Zitat durch Bildmotive aus einem völlig anderen Kontext. Die Diskrepanz zwischen einer eleganten Malerei und den dargebotenen, oft skurrilen Sujets, zwischen perfekter Form und rätselhaftem Inhalt erzeugt die eigentümliche Spannung, die den Gemälden von Stephan Melzl innewohnt.



ULRICH PESTER (*1980, Hannover)

Im Zentrum seines künstlerischen Handels steht die Suche. Ulrich Pester geht es um den andauernden Prozess, aus dem sich eigenständige bildhafte Formen herausbilden. Ideen für seine Sujets finden sich überall: in der alltäglichen Auseinandersetzung mit Film und Internet, aber auch eigene Zeichnungen oder Beobachtungen im Alltag können zum Ausgangspunkt für seine Arbeiten werden. In banalen Dingen verborgenes Bildpotential entwickelt über subtile Wendungen während des Malprozesses eine Eigendynamik und Autonomie. Handwerklich überzeugen seine Arbeiten durch eine formale Klarheit. Weit davon entfernt, sich auf einen Stil oder eine Methode festzulegen, findet Pester auf seinen malerischen Erkundungen immer wieder zu neuen Ansätzen. Entsprechend abwechslungsreich und überraschend sind seine Bildfindungen auch in seinen neuen Arbeiten. Neben abstrakten, figurativen und zeichnerischen Sujets sind seine Motive Tromp-l’œil-Effekte, kunsthistorische Referenzen, ironische Wortspiele oder feinsinnige Bildwitze.



LEIF TENKLER (*1960, Wiesbaden)

Leif Trenkler zählt zu den ersten Vertretern der Neuen Figuration in Deutschland und prägte diese Strömung zeitgenössischer Kunst durch seinen charakteristischen Stil mit. Seine realistische Malerei hält Momentaufnahmen fest. Die oft knallige Atmosphäre seiner Arbeiten entwickelt dabei ganz eigene Anregungen für die Sinne, ganz so wie man Pflanzen am Abend oder das frisch geschorene Gras am frühen Nachmittag geradezu riechen kann. Auch wenn sich die Malerei des 1960 in Wiesbaden geborenen Künstlers motivisch im Hier und Jetzt verorten lässt, bilden seine Gemälde deutliche Referenzen an vergangene Epochen der Malerei. Es ist insbesondere die Konfiguration aus Farbe, Bildträger und stilistisch signifikanter figürlicher Malerei, die sein Interesse für weitaus ältere Vorbilder erkennen lässt. Ein feines Gespür für die Atmosphäre vor Ort ist in seiner Malerei ebenso evident. Trenkler stellt seine Staffelei jedoch nie im Freien auf. Er sammelt die Eindrücke, die er auf seinen Reisen erhält, in seinem Gedächtnis. Der Fotoapparat assistiert ihm dabei. „Malerei folgt ganz eigenen Gesetzen. Da geht es um Farbigkeit, um Farbverläufe, um Dramaturgie und Komposition. Wie passt ein Rosa zu Orange, welches Gewicht hat ein Tropfen Gelb gegenüber einer 30 Zentimeter großen Fläche in Dunkelgrün, und wie steht das alles im Verhältnis zum Menschen oder zur Architektur oder zur Landschaft?“.










07.03.2020 - 11.04.2020
Bénédicte Peyrat | Où en est l`herbe?
Vernissage: 06.03.2020
KünstlerIn(nen):

Pressemitteilung
Spur des Pinsels, ahnt die Lust an ihrer körperlichen Bildung, die auch dort, wo ein Körper kaum bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist, zu geschlossener Gestalt findet.

Hier berührt Peyrat den Reichtum alter Formen, etwa die Figürlichkeit Jordaens‘, und entwirft einen eigenen Typus menschlicher Gestalten, deren Physiognomien sich ähneln, die aber eher essenziell als in einem realistischen Sinne wirklich abbildhaft sind. Nicht immer, vor allem bei den „Köpfen“, verwischt

Peyrat zwar die Differenzierung der Geschlechter, dekliniert aber zugleich mit beschwingtem Strich die Möglichkeit individueller Erscheinungen im Korsett einer Reihung.

Vor den Gemälden von Bénédicte Peyrat wird schnell klar, diese Künstlerin liebt nicht nur die Farben, sondern auch die Fülle. In barocker Sinnlichkeit begegnen uns merkwürdige, meist rundliche und fleischige Figuren, die so eigenwillig handeln wie sie aussehen. (…) Menschen und Dinge führen ein Leben, das nicht nach modischem Wohlstand giert, sondern in autarker Ursprünglichkeit daherkommt. Hier ist kein Mangel an nichts und die Nacktheit der Figuren steigert deren Eindringlichkeit, die bisweilen naiv wirkt, wenn da nicht jener Hauch über den Szenen liegen würde, der von Hoffnungen kündet, die wohl kaum jemals Wirklichkeit werden. Vision und Realität überlappen sich und der Frohsinn der Protagonisten kaschiert kaum jenen Abgrund, der viele von Peyrats Figuren umgibt – das Bewusstsein einer Einsamkeit hinter der Heiterkeit. Bénédicte Peyrat ist eine Porträtistin und sie liebt die, die sie malt und mit bewegtem Strich zwischen Licht und Schatten bildet. Die Abgründe unserer Existenz münden auf diesen Bildern, möglicherweise genau deshalb, weder in methodischer Verengung noch werden sie zum Vorwand ergrübelter Bildnerei. Das Personal ist authentisch, weil es jenseits von Erinnerung, Wahrnehmung und Dichtung ein Miterleben gibt, eine Form der Identifikation, die sich ohne Distanz und Schminke auf die Personen einlässt, die die Bilder bevölkern.



Bénédicte Peyrat entführt uns in geheimnisvolle, arkadische Landschaften, die mit traumwandlerischen, phantasmagorischen Entdeckungen überraschen. Sie vermeidet eine direkte geographische und zeitliche Einordnung, sucht aber den Dialog mit den Epochen und Stilen der Kunstgeschichte. Hier entlädt sich ein flämisch-niederländischer Barock unter impressionistischen Himmeln und ist mit einer Erzählung aufgeladen, die durch ihre brüske Abkehr von den Verheißungen einer uniformen Gegenwart diese als Groteske desavouiert. Geschichte und Gegenwart greifen ineinander und alles, was geschieht, ist lebensnah und entrückt gleichermaßen. (…)



Die Anmutung der oft kleinformatigen Porträtköpfe, der Halbfiguren und der Großformate, die zumeist szenische Darstellungen, Akte oder Ganzkörperporträts zeigen, wirkt tradiert, wird aber durch Details, Kleidungsstücke oder technische Geräte, in der Gegenwart verortet. Die Körper wirken derb, sind jedoch von großer plastischer Lebendigkeit, geradezu sinnlich in ihrer dem Leben zugewandten Art. Man sieht die kreisende

Das ist kühn und gewährt Abstand, schmälert es doch den Glauben an die menschliche Grenzenlosigkeit und fordert, parallel dazu, den eigenen ästhetischen Einfallsreichtum angesichts der Beschränktheit der Mittel. Auch die Palette der Farben bleibt begrenzt und deckt das irdische Maß der Figuration, deren Grenzenlosigkeit sich aus dem Wesen erklärt und genau deshalb aufrichtig ist.



(…) Peyrat entwirft Typen, die sie aus Sehen und Erleben extrahiert und fügt diese in Landschaften, die die Wirklichkeit wie eine Kulisse verengen und auf die Protagonisten fokussiert. (…)

Unter dem Blaugrau der Himmel ist die Wahl der Farben meist durch die Natur bestimmt, seltener mischt sich ein autonomer Kolorismus in die durch Licht und Schatten bewegten Farbfelder. Viele der Bildräume sind bewegt, dunkle Farben signalisieren Wildheit und bilden einen Kontrast zu den figürlichen Kompositionen. Im Hintergrund verliert sich die Landschaft im Nirgendwo, Himmel und Erde berühren sich, Einzelheiten sind unwichtig. Das Leben behauptet sich angesichts der Leere wie eine Verheißung und auch die aufbrechenden Himmel führen nirgendwo hin. Alles bleibt ein Versprechen, ein unwägbares noch dazu.



Bénédicte Peyrat hat ein eigenwilliges und originäres Werk entwickelt, das gerade dadurch auffällt, weil es sich nirgendwo einordnen lässt. Dieser Kosmos aus Tieren, Menschen und Dingen ist voller Überraschungen und in seiner unprätentiösen Andersartigkeit weder cool noch schick, dafür aber sympathisch und menschlich.



(aus einem Text von Erik Stephan, 2016)




18.01.2020 - 29.02.2020
Joëlle Dubois
Vernissage: 17. Januar 2020
KünstlerIn(nen): Joëlle Dubois

Pressemitteilung
Das technische Artefakt namens Smartphone stellt mit seinem gläsernen Touchscreen die perfekte permeable Digitalmembran zwischen dem öffentlichen und privaten Raum dar. Die ständige Konnektivität der sozialen Medien verwischen diese Grenze zunehmend. Die sich stets multiplizierenden Apps auf dem Homescreen versprechen zumeist soziale Kontakte, zwischenmenschliche Kommunikation und ersehnte Nähe. Auf Dating-Apps entscheidet man im Sekundentakt durch das hastige Wischen nach links oder rechts über Attraktivität, sexuelle und lebensplanerische Kompatibilität. Über audiovisuelle Plattformdienste teilt man dagegen die inszenierte Wunschvorstellung des vereinfachten eigenen Ichs im Angesicht einer gesichtslosen Masse kritisch jede Pose und Miene evaluierender Follower. Dem allem kommt ein Konsens der Nutzer zuvor, die Einwilligung in den gegenwärtigen Tenor von zur Schau gestellter Oberfläche vor angreifbarer Tiefe.

Joëlle Dubois verhandelt in ihren Arbeiten vor allem vordergründig die Absurditäten dieses Einzugs der digitalen Welt ins Private und die damit verbundene Selbstdarstellung nach vorangegangener vermeintlicher Selbstoptimierung. Ihre zumeist weiblichen Protagonist*innen sind multiethnischer Herkunft, widersprechen oftmals den normierten Schönheitsidealen, sind - wenn überhaupt - spärlich bekleidet und wägen sich sicher in der Abgeschiedenheit einer farbenfrohen, aber uneindeutigen Welt, postdigital jenseits des öffentlichen und privaten Raums, immerzu technologisch verbunden und damit offenbart im World Wide Web.

Die neuen Werke der Künstlerin sind zudem stark von persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen geprägt und loten die Bereiche Weiblichkeit, Fruchtbarkeit, Verlust und Sexualität aus, welche symbolisch in die Bilder eingeschrieben sind und darauf warten, dechiffriert zu werden. In den Bildnarrativen spielt der voyeuristische Blick auf intime Momente Wahrhaftigkeit vor, die Nacktheit der Figuren macht diese zutiefst verletzlich. Doch die allgegenwärtige Beschäftigung der gezeigten Personen mit dem Smartphone oder ähnlichen Tools lässt ihre Aura zwischen ignoranter Besessenheit und traurigster Apathie pulsieren.



Für die Ausstellung erprobt Dubois zudem ein weiteres Medium. Der filigran ausgearbeiteten Acrylmalerei auf Holz tritt erstmals die schnelle Linie der Tuschezeichnung entgegen. Dabei diktiert das Format des Papiers gleichsam den Inhalt: nackte, weibliche Körper, jedoch gekrümmt und in Höhe und Breite auf das Blattmaß beschränkt. Auf diesen von der Künstlerin definierten Raum gefangen und somit einzig mit sich selbst konfrontiert, stellen die Frauen mithilfe des weiterhin omnipräsenten Smartphones Fragen nach der eigenen Sexualität und wägen diese gegen die an sie gestellten unrealistischen Erwartungen der Gesellschaft ab. Die eigene Obsession mit der Technik wird hier als nützlich umfunktioniert, eine positive Lesart, die auch die Künstlerin teilt: laut eigener Aussage nutzt

auch Dubois ihr Smartphone geradezu obsessiv. Zum einen als Archiv, mit dem sie rückwärtsgewandt die eigene Biographie erkundet. Darüber hinaus eröffnet das Gerät kommunikative Möglichkeiten, auch außerhalb der eigenen Komfortzone. Mehr Wagnis denn Gefahr, gleichzeitig hier und doch überall, oberflächlich und tief zugleich. Damit ist Joëlle Dubois eine exakte Beobachterin der heutigen Gesellschaft. Und ihres Selbst.



Maurice Funken, Dezember 2019








22.11.2019 - 11.01.2020
Liu Guangyun
KünstlerIn(nen): Guangyun Liu

Pressemitteilung
Der französische Begriff Couleur, wortwörtlich mit „Farbe“ übersetzt, meint im übertragenen Sinne die Prägung eines Menschen zu einer geistig-weltanschaulichen Einstellung. Man sagt, jemand sei dieser oder jener Couleur. Entsprechend bezeichnet das Adjektiv „gefärbt“ auf metaphorischer Ebene auch die persönliche Haltung oder subjektive Gesinnung.



In seiner Werkgruppe Original Color (2016 - 2019), die aus Bildwerken und raumgreifenden skulpturalen Anordnungen besteht, sucht Liu Guangyun mittels Anwendung eines Bleichmittels verschiedene Kleidungsstücke und Stoffe zu entfärben. Durch den Farbentzug soll die ursprüngliche Tonigkeit des unbehandelten Gewebes wiederhergestellt werden.



Die Farbabstufungen der Stoffe in Liu Guangyuns Werken lassen unterschiedliche Stadien des Bleichvorgangs erkennen. Ausgeblichene, weißlich blasse Partien kontrastieren mit Stellen tiefdunkler Farbintensität. Da die Entfärbung sich mitunter ungleichmäßig vollzieht, bleiben Farbspuren schemenhaft zurück. Neben den Bildern aus einzelnen, großflächig aufgespannten Stoffbahnen oder mehreren zusammengesetzten Stoffstücken entstehen skulpturale Werke, in denen der Prozess unmittelbar erfahrbar wird. Hier taucht Liu große Stoffballen in Behältnisse mit Bleichmittel, so dass dieses von unten nach oben durch den Stoff dringt und der fortschreitende Farbverlust zu malerischen Verläufen und weichen Übergängen führt.



Liu Guangyun tilgt die spezifische Farbigkeit als charakteristische, jedoch nachträglich zugeführte Eigenschaft eines Stoffes. Mit der Ausbreitung der nivellierenden Helligkeit verblasst, ja verschwindet das Spektrum individueller Nuancen zugunsten der Leere reiner Materialität. Von ihrer Farbigkeit befreit, gehen aus dieser Behandlung alle Stoffe gleichermaßen neutralisiert hervor. Ihre Erscheinung ist durch den Farbverlust vereinheitlicht.



Der Prozess des Ausbleichens zeichnet in seinem rückwärtsgewandten Verlauf den Weg von der Gegenwart in die Vergangenheit nach, bringt die Rückführung eines Originalzustands zur Anschauung. Zugleich markiert dieses Nichts auch einen Neubeginn, die Reinheit eines unbeschriebenen Blattes, Tabula Rasa.



Insbesondere vor dem biografischen Hintergrund von Liu Guangyun entfaltet sich die symbolträchtige Wirkkraft dieser Werke, die im Kontext von Identitätsbildung und kultureller Prägung lesbar werden.



Liu ist 1962 in China geboren und dort aufgewachsen. Seit den frühen Neunziger Jahren pendelt er zwischen der Volksrepublik und Deutschland – wo er mit Frau und Kind lebt – und ist von der westlichen wie östlichen Kultur gleichermaßen geprägt. Seine Zugehörigkeit bleibt uneindeutig, als Reisender

zwischen den Welten erlebt er zugleich An- und Abwesenheit, Fremd- und Vertrautheit, Nähe und Distanz. Zuweilen ermöglicht ihm dieses zwiespältige Verhältnis zu seinen jeweiligen Lebensmittelpunkten die kritische Auseinandersetzung mit überlieferten Vorbildern und Traditionen der beiden so unterschiedlichen Länder.



Während seiner künstlerischen Ausbildung in China erfährt Liu Guangyun die staatlich vorgegebene Orientierung an westlichen Kulturidealen. An den Kunstakademien wird bis heute die Zeichenfähigkeit der Studenten an Bildwerken der europäischen Renaissance geschult. Für die Werkgruppe Portraits (2019) zerlegt Liu Guangyun mit einer Säge Gipsmodelle prominenter Werke westlicher Bildhauerei akkurat in gleichmäßig dünne Scheiben, die wie Kettenglieder durch Draht oder Fleischhaken miteinander verbunden und als Strang aufgehängt werden. Von der Idealform einer Venus, eines Apollo, oder gar der perfekten Statue „David“ von Michelangelo bleiben mehrere Segmente mit sauberen Schnittflächen und unregelmäßigem Rand übrig. Zwar ist hier die vollkommene Figur in ihrer vielgerühmten Einheitlichkeit zerstört, und auch die Präsentation mutet mitunter brutal an, jedoch liegt kein gewaltsames Zertrümmern, sondern vielmehr eine systematische Zerteilung, beinahe ein akribisches Sezieren vor. Liu Guangyun führt das raue, unbearbeitete Innere ebenso vor Augen wie das glatte, ebenmäßige Äußere, Schau- und Kehrseite erscheinen somit gleichwertig. Der Betrachter ist aufgefordert, einen anderen Blick auf die Figuren zu richten, sich von den hohlen Klischees zu befreien.



Liu Guangyun hinterfragt die geistige Haltung hinter dieser akademischen Aneignung von Stilmerkmalen und der damit verbundenen Vermittlung ästhetischer Kriterien. Er äußert seinen Zweifel an der Übernahme des klassischen westlichen Bildungskanons: „Einerseits haben diese Figuren auch mein Ästhetikverständnis mitgeprägt, andererseits stelle ich in Frage, warum diese klassischen, westlichen Figuren immer noch notwendiger Bestandteil der modernen chinesischen Kunsterziehung sind.“ (Liu Guangyun) Die Portraits legen nahe, dass Liu Guangyun die in China praktizierte, zur bloßen Oberflächenbetrachtung eines Idealtypus verkommene Anschauung offenlegt und dieser Wahrnehmung „leerer Hüllen“ eine neue ästhetische Erfahrung entgegensetzt.



Genau wie in Original Color die Farben symbolhaft mit einem Auslöschen von Geschichte, und damit Zugehörigkeit und Identität einhergehen, so erscheinen die Größen der Kunstgeschichte, die Wahrzeichen kultureller Identität ausgelaugt und sinnentleert. Die Segmentierung der berühmten Skulpturen in Portraits weist auf ein Fehlen kulturhistorischer Anbindung – durch den Konsum von Stereotypen bedingt – und damit auf einen essentiellen Bedeutungsverlust. Im Werk von Liu Guangyun sind sie Manifestationen einer fundamentalen Entfremdung von Kultur im medialen Zeitalter, Zeichen des brüchigen Verhältnisses zur Tradition. Jedoch wohnt ihnen auch der kraftvolle Geist einer Freiheit inne, die das Potenzial neuer Sichtweisen, die Dynamik des Anfangs verkörpert. Diesen Nullzustand durchlebt Liu mit jeder Ankunft - in Deutschland, in China – aufs Neue.


06.09.2019 - 05.10.2019
Benjamin Houlihan | Victor Stuhl
Vernissage: 06.09.2019
KünstlerIn(nen): Benjamin Houlihan

Pressemitteilung
Dies ist die sechste Einzelausstellung von Benjamin Houlihan in der Thomas Rehbein Galerie. Der 1975 in Olpe geborene Künstler erhielt im Mai 2019 den Lothar-Fischer-Preis. 2020 findet eine umfassende Einzelausstellung des Preisträgers im Lothar-Fischer Museum/ Neumarkt statt.





Mitunter wurde die idealtypische Geschlossenheit der Form in der Kunst brutal aufgebrochen. Avantgardistische Bewegungen wie Kubismus, Dadaismus und Surrealismus trieben den Bruch mit dem herrschenden Kanon und der ästhetischen Konvention voran, aus dem die befreite, jedoch zugleich fragmentierte, zersplitterte Form hervorging.



Den jüngsten Werken von Benjamin Houlihan liegt weniger ein emanzipatorischer, gar provokativer Akt zugrunde, sondern vielmehr die konzentrierte Beschäftigung mit Gestaltungsprinzipien und formalen Möglichkeiten. Die Auseinandersetzung mit den einstigen Idealen von Einheitlichkeit und Vollkommenheit, Symmetrie und Schönheit erfolgt spielerisch und dient dazu, die Brüchigkeit der Form bzw. Figur in ihrer Vielseitigkeit auszuschöpfen.

Für die in der Ausstellung gezeigten Skulpturen und Zeichnungen orientiert sich der Künstler am Prinzip des Klappbilderbuchs, dessen Seiten – versehen mit Abbildungen von Tieren oder Menschen in typischer Haltung und Tracht – in einzelne Abschnitte zerteilt sind. Durch das getrennte Umblättern werden die jeweiligen Körperpartien der dargestellten Figuren, und damit ihre distinktiven Merkmale, durchmischt und neu kombiniert. Schräge, nicht mehr eindeutig identifizierbare Formfindungen bzw. Mischwesen entstehen.

Entsprechend falzt Houlihan ein Blatt Papier in gleichgroße Abschnitte, die er umklappt und mit zeichnerischen Mitteln ausfüllt, wobei diese uneinheitlichen Setzungen durch eine übergeordnete Idee von Form oder Figur lose zusammengehalten werden. In solchen Fällen folgt der Künstler zwar einem gedanklichen Bild von einem Stuhl, einer Banane, einem Heizkörper, einem Gesicht oder einer Vase, jedoch ist die Gliederung der Zeichnung losgelöst von einem logischen Aufbau der jeweiligen Form/Figur. Stattdessen ist die Komposition durch die Falttechnik und damit die Aufteilung in einzelne Felder bestimmt. Diese Segmentierung bewirkt die Loslösung der einzelnen untergeordneten Einheiten aus dem geschlossenen formalen Gesamtzusammenhang, zumal sich auch der zeichnerische Vorgang in einzelnen, mitunter zeitlich versetzten, Schritten vollzieht: Der Stift wird in jedem Abschnitt neu angesetzt, die Linie an der Knickkante aufgehalten, der Strich kommt zum plötzlichen Ende. Sprünge entstehen, wodurch das einheitliche bzw. ganzheitliche Bild unterbrochen wird und in Formfragmente zerlegt erscheint.

Zur weiteren Verfremdung und fragmentarischen Anmutung der einzelnen Partien tragen auch die verwendeten stilistischen Mittel bei. Ein Gesicht ist in vier Segmente unterteilt, die - obgleich allesamt







zeichnerisch - vollkommen verschiedenartige künstlerische Darstellungsarten vorführen. Während das Haupthaar mit sparsam und sorgfältig nebeneinander gesetzten Strichen in Bleistift gezeichnet ist, sind die darunter gelagerten Augenhöhlen in tiefschwarzer Tusche lavierend ausgeführt. Ein Abschnitt weiter stellt sich die stark abstrahierte Kinnpartie als Netzwerk aus hellen Kurven dar, umgeben von dichten Grafitschraffuren. Als zarte, gleichsam angedeutete Grafitspuren offenbaren sich die Kontur des Halses und der Ausschnitt eines Rundhalsshirts.

Im abrupten Wechsel zwischen zweidimensionaler und dreidimensionaler Darstellung koexistieren divergierende Formauffassungen auf einem Blatt: Rein grafische Partien treffen übergangslos auf plastisch modellierte oder auf flächig verdichtete Zonen.

Stuhl, Banane, Heizkörper, Gesicht und Vase erscheinen durch diese spielerische Kombinatorik unvereinbarer Gestaltungsweisen, die zwischen Abstraktion und Figuration changieren, grundsätzlich uneinheitlich.

Auch die Skulptur einer Banane ist zwar aus einem Guss, dennoch wurde der Zinnabguss von vier zusammengesetzten Stücken unterschiedlicher Bananen gefertigt – allerdings unter Beibehaltung der natürlichen Ordnung der Abschnitte. Diese vier gegeneinander verschobenen, verrutschten Teilstücke sind in einem prekären Balanceakt vereint, slapstickhaft ringen sie um Gleichgewicht. Mit einem verschmitzten Augenzwinkern scheint Houlihan bildhauerische Überlegungen zu Statik und Stabilität, sowie ein symmetrisches Austarieren zu parodieren.



Zwar fügen sich disparate Elemente in einer Zeichnung oder Skulptur zusammen, die offensichtliche Brüchigkeit der Gestalt bleibt jedoch bestehen. Nicht die Summe ihrer Bestandteile ergibt die Identität der neuen Kreation, die mit sich keinesfalls identisch sein kann, besteht sie doch aus einer heterogenen Ansammlung von Versatzstücken.

Wie bei den hybriden Gestalten der Klappbilderbücher wohnt auch den bildnerischen Erzeugnissen von Houlihan eine diskrepante Natur inne. Diese groteske – an Frankenstein gemahnende – Vielheit wird durch die forcierte Einheitlichkeit der Gestalt nicht überwunden.

Es geht also hier nicht um die Zerlegung eines Gegenstands und die Zusammenfügung der Einzelteile wie bei einem Puzzle, zur Wiederherstellung der verlorenen Einheit. Hier wird nichts repariert, keine weichen Übergänge geschaffen, Bruchstellen kaschiert. Die Dekonstruktion bleibt sichtbar, denn es geht hier vielmehr darum, den Gegenstand zu verrücken, um ihn besser zu sehen. Die Unvereinbarkeit der einzelnen Formabschnitte bedeutet die Veränderung des Blicks – die Beobachtung des Gegenstands, Abschnitt für Abschnitt. Während der Betrachtung kippt der Gegenstand und verschiedene Ansichten und Facetten kommen zum Vorschein. Ob frontal, seitlich, in Aufsicht, in Untersicht: Houlihan spielt mit den Dimensionen, springt zwischen den Blickwinkeln und Perspektiven hin und her. Letztlich zeigt sich in der Verschiebung der Wahrnehmung die Verwandlung des dargestellten Sujets im Auge des Künstlers – und des Betrachters.

(Bettina Haiss, 2019)

In die Ausstellung


29.06.2019 - 24.08.2019
François Jacob - Echoes
Vernissage: 28. Juni 2019, 18-23 Uhr
KünstlerIn(nen): François Jacob

Pressemitteilung
Der 1976 in Brüssel geborene Jacob entwirft in seinen altmeisterlich ausgeführten Gemälden beklemmende Situationen wie Theaterszenen, in denen der Mensch wie eine Marionette in einem grotesken Rollenspiel gefangen zu sein scheint, dessen Charakterbesetzung nicht bekannt ist.

Jacob platziert seine oft mit Kostümen und Requisiten ausgestatteten Protagonisten in einen überwiegend dunklen Bildraum, der fast ohne Tiefenwirkung auskommt und eine melancholische Grundstimmung evoziert. Das Bildgeschehen, unspektakulär und meist auf ein bis zwei Figuren konzentriert, spielt sich daher vordergründig ab, einer Bühnenhandlung gleich, getragen von einer barocken, Hell und Dunkel Effekte kontrastierenden Lichtdramatik. Die Aktion scheint angehalten, wie auf einem Standbild oder einer Momentaufnahme. Aus einem narrativen Gesamtzusammenhang herausgelöst, wird sie von einer geheimnisvollen Suggestivkraft umgeben, ist jedoch nicht näher zu bestimmen.

Häufig werden die Charaktere von einem einzigen Scheinwerfer gnadenlos angestrahlt. Die punktuelle Lichtführung bei Jacob dient einer fast schmerzhaften Sichtbarmachung, wobei die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum aufgehoben und der Betrachter wie ein Voyeur in den Akt der Zurschaustellung eingebunden ist.



Jacobs Inszenierungen bringen im wörtlichen Sinne etwas „ans Licht“. Sie enthüllen eine „andere Realität“, eröffnen Parallelwelten und gewähren Einblicke in die Abgründe des Seelenlebens. In den wiederholt aufgenommenen Motiven des Verkleidens und Verhüllens wird das Spiel mit Dualitäten demonstrativ aufgeführt. Insbesondere wird der existenzielle Konflikt zwischen Schein und Sein offengelegt, um die Zerrissenheit des Menschen zu thematisieren.



Eine fundamentale Entfremdung findet somit statt und Jacobs Sujets wirken dementsprechend in sich gekehrt und deplatziert. Die wirkmächtigen Werke von François Jacob reflektieren das universelle Schauspiel, die Maskerade menschlichen Daseins und stellen unverhohlen die Ambiguität einer Existenz zur Schau, die sich in „vielen Gesichtern“ manifestiert.



(aus einem Text von Bettina Haiss, 2017)





François Jacob, who was born in Brussels in 1976, places his protagonists, which are often equipped with costumes and props, in a predominantly dark pictorial space, the background appearing inexistent or invisible. This confining lack of any spatial depth evokes a prevailing mood of melancholy. The rather unspectacular scene is performed by just one or two figures and carried out in the foreground, thus mimicking a stage action that is enhanced by a dramatic baroque lighting, emphasizing the division between an overwhelming brightness and a brooding duskiness. The action in question, however, seems suspended just like a movie still that has been removed from its narrative context and now appears replete with suspense and suggestive of a plot that remains a secret to the viewer.



Often the beam of a single spotlight starkly illuminates the characters. Jacob’s manipulative use of effects of light and shadow seems to stem from an intense revelatory motivation, in which the representation and overt display of subjects in painting and art is questioned as well. Not only is the boundary between public and private space neutralised in this particular depiction, but the viewer also becomes engaged in a play with roles, forcing him to reflect on his own part as a spectator or even voyeur.



Jacob’s staging literally “brings something to light”: it reveals a different reality, introducing parallel worlds and providing a glance into the secret realms of the soul. In concentrating on situations related to disguising, camouflaging, the artist demonstrates the fundamental schism between true self and an assumed, artificial persona. The conflict between outer appearance and inner reality in particular serves to emphasize the ambiguity to which mankind acquiesces.



As such, all of François Jacob´s subjects embody a primordial estrangement, articulated through an introverted, misplaced demeanor. Seeming to hide behind a fictitious façade and often ridiculously distorted, they parade in front of the spectator like a line-up of court characters from a Diego Velázquez painting, consisting of sorrowful dwarves, slaves and jesters. François Jacob’s powerful works reflect the world as a stage, the masquerade of human being and they blatantly expose the ambiguity of an existence that manifests itself in “many faces”.



(from a text by bettina Haiss, 2017)
In die Ausstellung


12.04.2019 - 22.06.2019
William Anastasi
Vernissage: 11.04.2019
KünstlerIn(nen): William Anastasi

Pressemitteilung
„William Anastasi ist ein US-amerikanischer Konzeptkünstler, der 1933 geboren wurde. Sein Geburtsjahr siedelt ihn genau zwischen Andy Warhol (*1928) und Robert Smithson (*1938) an. Er ist fünf Jahre jünger als Sol Lewitt (*1928) und zwei Jahre jünger als Robert Morris (*1931). Zu den anderen Künstlern, die heute noch aktiv sind und seiner Altersklasse angehören, zählen John Baldessari (*1931) und Hans Haacke (*1936). In anderen Worten, gehört Anastasi chronologisch zur ersten oder klassischen Generation der Konzeptkünstler.“



So beginnt der Kunsthistoriker Thomas Mc Evilley seinen Aufsatz „Setting the Record Straight: William Anastasi and the History of Conceptual Art“ (2001), in dem er William Anastasi einen prominenten Platz in der Riege der Protagonisten der Konzeptkunst zuweist, den ihm die Kunstgeschichte in ihrer bisweilen selektiven Schreibweise bislang versäumt hatte einzuräumen.



Seit 2002 hat die Thomas Rehbein Galerie das Werk dieses Pioniers der Konzeptkunst in 5 Einzel- und vier Gruppenausstellungen umfassend beleuchtet und die Bedeutung dieses innovativen Oeuvres, welches zahlreiche bekannte Künstler beeinflusste und epochale Werke vorwegnahm, herausgestellt.



Die jetzige Schau setzt in ihrer Sparsamkeit den Fokus auf Werke, die direkt, auch physisch, in den Ausstellungsraum eingreifen und damit die radikale Vorgehensweise von Anastasi besonders deutlich werden lassen, die er mal so zusammenfasste: „Eins, nur eins. Und einfach. So einfach wie einfach. Sogar dumm.“



In den aktuell gezeigten Werken reagiert William Anastasi auf den Akt des Ausstellens als einer Art sinnstiftenden Vorgangs. In dem das Atelierprodukt in einem institutionellen Rahmen (wie einer Galerie oder Museum) gezeigt wird, erlangt es eine Aufwertung und wird zum Kunstwerk erhoben. Im sprachlichen Zusammenhang entspricht diese Form von Wertschöpfung der symbolischen Aufladung von Zeichen und der kontextuellen Bedeutungsbildung. Anastasi reflektiert die Präsentation von Kunst mit allgemeinen Repräsentationsmechanismen, die vorrangig aus der Semiotik stammen.



Ausgehend von dem Verständnis, dass jeder Form ein Inhalt zugewiesen ist, dass jede Buchstabenfolge mit einer Bedeutung behaftet ist und jedes Kunstwerk als bildliche Darstellung eine Idee verkörpert, begibt sich Anastasi daran, diese konventionellen Paarungen, die als Unterscheidung zwischen äußerer Erscheinung und innerem Zustand der Referenzbeziehung zugrunde liegen, zu hinterfragen und aufzulösen. Im erweiterten Zusammenhang geht es Anastasi darum, die Schwelle zwischen Kunst und den Bedingungen ihrer Produktion, aber auch ihrer Präsentation aufzuheben.



In „Issue“ (1966) wird innerhalb der festgelegten Grenzen eines 12 cm breiten, vertikalen Streifens die Farbe und der Putz der Wandfläche zwischen Boden und Decke abgetragen. Das entfernte Material wird am Fuße und in Verlängerung dieses Streifens angehäuft. Durch diesen Eingriff wird die Wand als Ausstellungsfläche selbst zum ausgestellten Gegenstand.



Die Zeile „Reading a Line on the Wall“ (1967) vermittelt keine Aussage, die über sich hinausweist, es wird keine literarische Realitätsebene eröffnet. Die Erkenntnis, die dem Leser/ Betrachter zuteil wird, beschränkt sich einzig auf den Verweis auf den gleichzeitig stattfindenden Akt des Lesens und wirft den Betrachter auf seine gegenwärtige Situation zurück. Diesen selbstreferenziellen Kreislauf trifft man auch in „Free Will“ (1968) an. Eine Filmkamera ist auf einem Fernsehmonitor montiert und auf eine Raumecke gerichtet. Sie zeichnet die Raumecke auf, das resultierende Bild wird auf dem Fernsehmonitor übertragen. Die unmittelbar erfahrene räumliche Realität wird auf die Darstellungsebene gehoben, so dass eine Doppelung entsteht: Man sieht im Bildschirm das, was man auch ohne ihn an der gleichen Stelle sehen würde. In diesen geschlossenen Systemen der Selbstbezüglichkeit („self-sameness“) und Wiederholungen – der Titel erweist sich als ironischer Kommentar zur tautologischen Unausweichlichkeit – lösen sich die Grenzen zwischen Bild und außerbildlicher Realität auf, ebenso wie Sprache und außersprachlicher Referenzbereich in eins fallen.



Es ist nichts, außer was es ist – so könnte man auch die Arbeit „Sink“ (1963) zusammenfassen. Die Anleitung oder das „Rezept“, wie Anastasi sagen würde, lautet: „Legen Sie ein rechteckiges Stück warmgewalzten Kohlenstoffstahls auf den Boden. Gießen Sie ein wenig Leitungswasser darauf, damit die entstehende Pfütze ihre Position kurz vor dem Überlaufen innerhalb der Grenzen der Platte behält. Wiederholen Sie diesen Vorgang jedes Mal, wenn das Wasser verdunstet.“ Dieser scheinbar nüchterne Vorgang fügt dem verarbeiteten Stahl die Substanzen hinzu, die ihm im Zuge seiner Veredelung entzogen wurden und führt ihn mit der Zeit in seinen ursprünglichen Zustand als rohes Eisenerz zurück.



„Ohne Titel (Jacob´s Ladder)“ (1968) besteht aus einer Reihe von Nägeln, die in regelmäßigen Abständen in die Wand geschlagen wurden. Die durch Lichteinfall entstehenden Schatten verbinden die Nägel miteinander, so dass eine Linie entsteht. Die optische Erscheinung entsteht aus der Interaktion der Nägel mit dem Licht und der Wandfläche.



Anastasi überlässt die Dinge sich selbst, stets im Bestreben die ästhetische bzw. künstlerische Entscheidung auszuschließen. In dem er sich als Künstler in einen Zustand der „Dummheit, Ignoranz und Blindheit“ (Anastasi) versetzt, ist seine Handlung nicht kreativ motiviert, sondern wird einzig durch situationsbedingte Gegebenheiten und Zufälle bestimmt.



(Bettina Haiss, 2019)

In die Ausstellung


23.02.2019 - 30.03.2019
nature blossom
Vernissage: 22.2.19
KünstlerIn(nen): Leif Trenkler

Pressemitteilung
In seiner aktuellen Werkreihe konzentriert sich Leif Trenkler in formaler und historischer Reflexion auf die malerische Tradition der Darstellung einer Wasser- und Pflanzenwelt. Insbesondere Orte, in denen Vegetation und Architektur eine metaphorische Rolle spielen, werden zum Schauplatz seiner Malerei.



(...) „Es sind magische Momente, die Leif Trenkler in seinen Bildern festhält, und ihre Magie liegt darin, dass sie als genau das kenntlich werden: als Momente. Als kleinste Elemente einer Strecke, die keinen Anfang hat und kein Ende. Augenblicke nur, mehr haben wir nicht. Drei Sekunden lang empfinden wir ein Jetzt, so haben Hirnforscher errechnet, dann taucht die Welt in Vergangenheit.“



(...) So schnell ist das alles vorbei. Ein Flügelschlag, ein Nachmittag (schon wachsen die Schatten), ein Sommer (schon färbt sich das Laub), eine Kindheit, das Leben. Nichts war und nichts wird sein. Keine Geschichte, keine Bestimmung, nur zitterndes Licht und Illusion.

Trenkler ist Maler. Ein Handwerker, streng genommen. Seine Methode, das Größte im Kleinsten sichtbar, nein - ahnbar zu machen, braucht ein paar Hilfsmittel. Die Kamera ist das erste. Trenkler behandelt sie mit der gebotenen Nachlässigkeit. Er fotografiert, was seine Aufmerksamkeit erregt, spontan, ohne mehr als die unbedingt nötige Sympathie für die Technik und das Verfahren, ohne den Ausschnitt zu bestimmen oder präziser zu fokussieren, als der Apparat es von sich aus tut.“



(...) Das zweite Hilfsmittel des Künstlers ist der Ortswechsel. Trenkler bereist Ungarn und China, Brasilien, Polen, die Türkei und Arizona: Das Ziel sei eigentlich zweitrangig, sagt Trenkler. Ihm genüge schon die Tatsache einer Veränderung.“



(...) Sein drittes Hilfsmittel: Trenkler nimmt Bezug auf die Geschichte seiner Zunft. Er erweist Vorläufern und Zeitgenossen ehrfürchtige Referenz, versichert sich ihres Beistands und beugt sich den Exerzitien, die das Genre ihm auferlegt. Er malt auf Holztafeln, wie es die mönchischen Meister der Frührenaissance getan haben, Masaccio und Fra Angelico, Piero della Francesca und Jan van Eyck, die ihr neues Menschenbild der Sprödigkeit des Materials abringen mussten. Solcher Widerstand, sagt auch Trenkler, mache den Kampf um das Bild physisch erlebbar; Holz als Malgrund dämpfe die Farbigkeit und damit die eitle Lust an allzu hurtig gesetzten Glanzlichtern. Es befördere die Demut.“



(...) „Leif Trenkler malt diese Bilder in Öl auf Holz wie die Meister der Renaissance. In Szenen, die aus dem Traum heraufdämmern, wie bei den Surrealisten. Er ist ein Romantiker“



(aus einem Text von Dr. Martin Tschechne, 2009)

In die Ausstellung


14.04.2018 - 19.05.2018
Stephan Melzl
Vernissage: 13.04.2018
KünstlerIn(nen): Stephan Melzl,

Pressemitteilung
„Stephan Melzl ist ein Meister der Brüche. In seinen Bildern lässt er Realitätsebenen, die sich widersprechen, malerisch sanft, aber inhaltlich oft provozierend schroff aufeinanderprallen.“

(Gottfried Knapp, Süddeutsche Zeitung, 2014)



Die kleinformatigen, meist auf 65 x 50 cm zugeschnittenen Tischlerplatten ausgeführten Gemälde von Stephan Melzl weisen eine exquisite Farbgebung auf, deren intensive Leuchtkraft aus einem langsamen, lasierenden Farbauftrag hervorgeht. Nach einer Entwurfszeichnung, die wie ein erstes Gerüst die Bildfläche gliedert bzw. strukturiert, gibt sich Melzl der Malerei hin, aus seiner konzentrierten Beobachtung der Schichten lichter, transparenter Farbklänge ergibt sich die Bildfindung. Melzl spürt einer Atmosphäre nach, die mit dem Aufkommen bestimmter Farbwerte einhergeht und im allmählichen Aufscheinen einer Kontur, deren weiterer Verlauf Melzl wie ein Suchender verfolgt, konkrete Gestalt annimmt. Der Betrachter ist eingenommen von der irisierenden, künstlich gesteigerten Farbqualität und dem zarten Schmelz der Oberfläche, kurzum, die kostbare Wirkung erzeugt ein sinnliches Wohlgefühl, das Auge verfällt dem leichten Konsum einer Malerei, die zugleich verführt und verstört. Denn gerade in der näheren Betrachtung, wird die wohlgefällige, heitere Fassade brüchig, offenbaren sich vertrackte Pfade und unheimliche Bildinhalte, die aus der raffinierten Kombination von Motiven und einer vielschichtigen Komposition zum Vorschein kommen.



Melzls meisterhafte Technik macht alles möglich, sie veranlasst die einträchtige Koexistenz disparater Elemente im Bild und lässt eine Bildrealität entstehen, in der Widersprüche harmonisch erscheinen und die Logik des Traums die Handlungsebenen verdichtet. Hinter diesem schönen Schein, der alles vereinheitlicht, geht es mitunter anarchisch zu. So durchdringen sich Interieur und Landschaft, religiöse und profane Themen, Mythologie und Mode, Kitsch und Kunst, Barock und Bubblegum, Ölschinken und Smartphone. Melzl übernimmt oft bedeutende Einzelwerke oder traditionelle Bildformeln der Kunstgeschichte und ergänzt das Zitat durch Bildmotive aus einem völlig anderen Kontext. Es vereinen sich christliche Symbolik und Popkultur, Attribute von Heiligen oder Märtyrern werden durch banale Gegenstände wie Luftballons oder Modellflugzeuge ersetzt.



Oft wird anhand von formalen Korrespondenzen eine inhaltliche Irritation eingeführt. Auf einem Skateboard balancierend, die Arme seitlich ausgestreckt, ist eine stilisierte weibliche Figur (Flugschau, 2017) in einem sportlichen Dress zu sehen, dessen aerodynamischer Aufdruck die Kurven des Körpers zugleich aufnimmt und verzerrt. Die Farben ihres Anzugs korrespondieren mit den Wrackteilen eines gestürzten Flugzeugs im Hintergrund. Die wiederkehrenden, sorgfältig aufeinander abgestimmten





Pastellnuancen lassen ein liebliches Farbenspiel in den Vordergrund treten und verschleiern geradezu die dargestellte Katastrophe, das Entsetzliche des Ereignisses. Fast abstrakt setzen sich die farbigen Bereiche voneinander ab, in ihrem kontrastierenden Nebeneinander weichen Figuren und Formen zurück. Die Diskrepanz zwischen einer eleganten Malerei und den dargebotenen, oft skurrilen Sujets, zwischen perfekter Form und rätselhaftem Inhalt erzeugt die eigentümliche Spannung, die den Gemälden von Stephan Melzl innewohnt.



In Himmelwärts (2017) führt Melzl drei Einzelszenen, deren Darstellung in der kunsthistorischen Tradition formal und inhaltlich durch das Kreuzmotiv bestimmt ist, zu einer Komposition zusammen. Deutlich erkennbar ist die rechte Figurengruppe, die Kreuztragung oder den Gang nach Golgatha verkörpernd, von Melzl mit einem auf den Schultern lastenden Modellflugzeug ausgestattet. Melzl führt hier einen glaubhaften formalen Stellvertreter ein, der die Feierlichkeit der dargestellten Szenen ins Leere laufen lässt. Daneben streckt sich ein Wanderer mit einem Rucksack zu einem aufgerichteten Modellflugzeug empor, an dessen Stelle ein Gipfelkreuz zu erwarten wäre. An zentraler Stelle steht ein Jüngling im Lendenschurz, der ein Modellflugzeug umfasst und dessen Pose einer Heiligen- oder gar Christusdarstellung entspricht. Die freche Abkehr vom ursprünglichen Bedeutungsträger, die lockere Umbesetzung von Figuren oder Requisiten, führt den (postmodernen) Zweifel an der Integrität der Erzählung ein. Überhaupt scheinen hier durch die vorgenommene kontextuelle Verschiebung die Mechanismen der Bedeutungsbildung, die strenge Einheit aus Form und Inhalt spielerisch zerlegt. Aus diesem freien Umgang mit Konventionen entstehen humorvolle Hybridkonstruktionen, deren formale und inhaltliche Fährten zum Lustwandeln anregen.


03.03.2018 - 07.04.2018
heute afk
Vernissage: 02.03.2018
KünstlerIn(nen): Ulrich Pester

Pressemitteilung
Ulrich Pester ist keinem in sich kohärenten Malstil verpflichtet, vielmehr bestimmt die stete Suche nach Ausdrucksformen sein Werk, das sich als eingehende Befragung der Möglichkeiten der Malerei erweist. Mit einem universellen Anspruch unterscheidet der Künstler weder zwischen High und Low, analog und digital, noch zwischen Alten Meistern und Pop, sondern absorbiert die gesamte verfügbare ikonografische Substanz und erprobt neue Zusammenhänge. Sein reichhaltiges Repertoire bildnerischer Mittel und Motive speist sich aus täglichen Beobachtungen, einfachen Dingen in der unmittelbaren Umgebung, aber auch aus eigenen Gemütszuständen. Dabei fließen Elemente aus Comic/Illustration, Typografie und Mode in sein Werk ein. Es geht um die Erforschung der Bildsprache schlechthin.



Die jüngsten Gemälde veranschaulichen die Annäherung an die digitale Ästhetik bzw. computergenerierte Formensprache. Gegenstände aus Pesters häuslicher Umgebung, wie ein mit Milch gefülltes Glas oder Bierflaschen sind Protagonisten mitunter spaßiger, an Slapstick gemahnender Szenen, die jedoch jenseits des ersten humorvollen Eindrucks eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Fragen des malerischen Bildaufbaus reflektieren. Mal statuarisch oder aufrecht wie ein Pokal, mal schräg gekippt lässt sich die weiße, reduzierte Form des Milchglases in der Interaktion mit rein abstrakten Farbbereichen räumlich nicht verorten. In einer Reihe, als deren gemeinsames Merkmal ein eckiger, die Bildfläche umgebender Buchstabe „G“ hervorsticht, treten unterschiedlich positionierte Milchgläser auf. Eines ist umgekippt, die Milch sammelt sich in der unteren Beuge des „G“. Teilweise sind die Gemälde als Hochformat, teilweise als Querformat, mitunter auch schief gehängt. Auf einem anderen Werk wird eine Flasche in instabiler Rückbeuge von einer standfesteren Artgenossin angeschoben. Milchglas und Bierflasche werden bei Pester zu formalen Variablen, um das Verhältnis zwischen Vorder- und Hintergrund, den horizontalen und vertikalen Kompositionslinien, um die Raumanordnung des Bildes überhaupt auszuloten, sowie Farbzusammenklänge auszuprobieren.



Durch derartige Experimente mit räumlicher Wirkung, die den perspektivlosen Ansichten in Jump-and- Run Computerspielen nachgehen, sowie den ungebundenen Umgang mit den verschiedenen Medien, Stilrichtungen und ihren jeweils spezifischen Ausprägungen, werden Verbindlichkeiten aufgehoben und die medienspezifischen Konstanten erscheinen fragwürdig. Pester entkontextualisiert und rekombiniert malerische Versatzstücke: Ob Trompe l´oeil oder expressiver Gestus, Fotorealismus oder Comic: Durch Imitation und Simulation nimmt Pesters Malerei vielerlei Gestalten an. „Die Bilder dienen mir als Versuche, um einfache Phänomene und Beobachtungen zu analysieren und sie mir zu erklären. Ich zerteile die Dinge und setze sie wieder neu zusammen. Dabei suche ich nach Formen, die zwar ihrem eigentlichen Sinn, ihrer Physik enthoben wurden, die in ihrer Veränderung aber wiederum einen neuen Sinn oder eine neue Form ergeben, etwas Anderes, Komisches. Ich möchte den Dingen eine neue, eine zweite oder dritte Ebene geben, eine Ebene, die mir Dinge zeigt, wie sie nicht sind, aber (für mich) trotzdem sein müssen.“ (Pester) Als fragile und flexible Versuchsanordnungen gehen die Werke aus einer furchtlosen Aneignung von verschiedenen Stilen, dem Sampling aus diversen Quellen hervor. Mit der postmodernen Freiheit des „Anything goes“ betreibt Pester die Auflösung von Form und Inhalt in lose Fragmente, Spuren und Texturen, Relikte einer vormaligen Stil- und Bedeutungszuschreibung. „Ich mag es, wenn mir scheinbar vertraute Bilder entgleiten und den Boden unter den Füssen wegziehen.“ (Pester)



Der Ausstellungstitel heute afk legt die Durchlässigkeit der Gattung Malerei, die Durchdringung der Medien und den damit einhergehenden schnellen Wechsel zwischen Benutzeroberflächen, zwischen real und virtuell, analog und digital offen: away from keyboard bezeichnet in der Sprache des Computerspiels oder des Chats die Abmeldung von der Gruppe der Mitwirkenden, die „Abwesenheit von der Tastatur“. Damit verweist der Künstler gleichsam auf seine Position an der Schnittstelle zwischen Grafikdesign und Malerei, die diffuse Durchmischung visueller Eindrücke. Stets von Brüchigkeit gekennzeichnet, durchsetzt mit reichlich Selbstironie und Humor, vermeidet das Werk Pesters jeglichen geschlossenen, homogenen Stil, um in einer systematischen selbstreflexiven Praxis die Malerei selbst zum Gegenstand ihrer Auseinandersetzung zu machen, sie im wörtlichen Sinne auseinander-zu-nehmen, zu demontieren.



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13.01.2018 - 24.02.2018
Shirley Lumina Claire
Vernissage: 12.01.2018
KünstlerIn(nen): Julia Jansen

Pressemitteilung
Julia Jansens Gemälde sind Bilder von Bildern. Durch bewusst gesetzte, sichtbare und eindeutig das malerische Medium entlarvende Pinselstriche lenkt Jansen die Aufmerksamkeit weniger auf den dargestellten Gegenstand, sondern verweist vielmehr auf die mediale Darstellungsform.



Die gezeigten Motive sind schnell genannt und ohne ikonografischen Mehrwert. Stattdessen wird durch zahlreiche Variationen eines Sujets Jansens Interesse für formale Fragen spürbar. Man trifft auf verschiedene Ansichten eines Rucksacks oder eines Zelts. Daneben bunte Spots, die sternenförmig in den Raum ausstrahlen und helle Scheinwerfer, die Nebelschwaden beleuchten.



Verschwommen, wie durch ein milchiges Fenster oder einen beschlagenen Spiegel betrachtet, sind die Gegenstände, deren weiche Kontur auch an die ungenaue Fokussierung bei der Fotografie denken lässt, durch verschiedene, sich überlagernde Malweisen verfremdet: Das Motiv löst sich in der Malerei auf, das Abbild weicht hinter der Abstraktion zurück. „Zelt“, „Rucksack“ oder „Bild“ leuchten fast übernatürlich, ihre teils flirrende Farbigkeit entzieht sich der naturalistischen Wiedergabe und scheint durch die Anwendung sämtlicher Filter bei der digitalen Bildbearbeitung generiert. Damit beinhalten die Gemälde Jansens selbst schon die Elemente ihrer Ent-Täuschung, verraten durch die Irritation des Sehsinns und die Verunsicherung der Wahrnehmung ihre traditionelle Funktion als Illusion. Mitunter evozieren sie die Assoziation einer Bildschirmdarstellung, während die analoge Malerei Mittel der digitalen Computersimulation aufgreift, welche die reale Existenz des sichtbaren Gegenstands selbst in Zweifel zieht und sich als bloßes Trugbild offenbart. Jansens Motive erweisen sich damit gleichsam als Vorwand, um die Indizien einer getrübten Illusion zu erfassen.



So bestehen die Darstellungen der Gruppe „Relief, Kuben“ aus vor- und zurückspringenden Quadern, deren Anordnung wie ein konstruktivistisches Fassadenrelief erscheint. Die verschiedenen Volumina, sowie der durch die plastischen Partien bedingte Wechsel von Licht und Schatten wird übertragen in ein Gefüge von Linien, Formen und Farbflächen. Hier ist das wiedererkennbare gegenständliche Sujet zugunsten der rein malerischen Motivation, dem Ausprobieren malerischer Möglichkeiten zurückgedrängt.



Jansens souveräne Technik lotet den schmalen Grat zwischen Sein und Schein aus. Statt den Fokus auf die sichtbare Realität und ihre konkrete Erscheinungsformen zu legen, betont Jansen die Einwirkungen auf den Sehsinn und damit die mit der Vermittlung des Bildes einhergehenden Einflüsse auf die Wahrnehmung. Nicht das Was, sondern das Wie der Wahrnehmung wird hier bildhaft veranschaulicht.

Zwischen Objekt und Betrachter schiebt sich das Bild, schleichen sich die Störungen und das Rauschen des Mediums in die Betrachtung ein, so dass hier kein reales, sondern ein „mediales Sehen“ (Velten Wagner) aufkommt.



In der jüngst entstandenen Werkgruppe „Spots“ erscheint genau diese Verschleierung Gestalt anzunehmen. Während Jansen vormals Gegenstände in ihrer materiellen Qualität bzw. Stofflichkeit wiedergegeben hat, um diverse Oberflächeneffekte zu erzielen, widmet sie sich nun ephemeren Erscheinungen: Mithilfe einer Nebelmaschine erzeugt Jansen diffuse Dunstschwaden, die sie mit einem Lichtstrahl punktuell beleuchtet und somit in die Sichtbarkeit überführt. Spiegelwände verdoppeln die geisterhaften Schleier, die sich kräuseln, ausdehnen und auflösen. Jansens dynamische Pinselführung und die aufwirbelnden Luftströme stimmen überein: Schwungvolle malerische Setzungen, lassen die transparent-lasierenden und die konzentrierten, mit weißer Farbe gesättigten Verdichtungen erkennbar werden.



Damit ist im selbstreflexiven Schaffen Julia Jansens die Malerei selbst Gegenstand ihrer Auseinandersetzung. Sie weist nicht über sich hinaus, sondern schärft vielmehr den Blick für Phänomene medialer Manipulation. Mit meisterhafter Hand führt Jansen den Gegenstand an die Grenze zur Auflösung in reine Malerei. Jansen schwelgt im Täuschungspotenzial dieser opulenten Malerei und scheut sich auch nicht ihre Werke als „luxuriös“ zu bezeichnen.

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Julia Jansens paintings are essentially images of images. With deliberately placed, visible brushstrokes she draws attention not to the object depicted, but rather to the characteristics of the medium through which it is perceived, in this case, painting itself. The subjects in question are quickly itemized and lack iconographic weight. Instead, they recur in multiple variations and serve as a pretext for Jansen to engage in formal questions. One encounters different views of a backpack or a tent, followed by colourful spots, their rays yielding a stellar contour, and bright headlamps illuminating clouds of fog. Instead of a naturalistic depiction, Jansen blurs contours as in an out-of-focus photograph and occasionally employs a color palette that recalls the brightness and glariness of computer screen image. In including such effects of artificiality in her representation of objects, Jansen freely exposes the means of illusionism with a great mastery of technique to the point that she herself declares her paintings to be „luxurious“. Confronting the viewer with a mediated image, Jansen brings the filtered nature of perception to the fore of her artistic work.



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02.12.2017 - 06.01.2018
Antoniusfeuer
Vernissage: 01.12.2017
KünstlerIn(nen): Trude Friedrich, Peter Sauerer

Pressemitteilung
PETER SAUERER

Peter Sauerers (*1958) unerschöpflicher Fundus ist die Weltgeschichte. Jede seiner ausgestellten Objektschachteln enthält ein spezifisches, szenisch gebundenes Figurenensemble. Vom Künstler mit äußerster Präzision geschnitzt und farbig gefasst stehen die einzelnen Protagonisten auf schlanken Podesten, wobei die präsentierten Figuren mitsamt ihrem Unterbau nicht länger als eine Zigarette sind. Auf die Außenseite des Pappdeckels ist die jeweilige Vorlage angebracht: ikonische Pressefotos, Filmplakate, Reproduktionen von Kunstwerken. Wie ein kompletter Satz Miniaturfiguren scheint Sauerers Ensemble zur spielerischen Nachstellung des abgebildeten Originalszenarios einzuladen. Der Spielzeugcharakter verführt zunächst zum leichten Genuss man ergeht sich belustigt in der intensiven Beobachtung der handwerklich raffinierten Details und erliegt dem Erstaunen den das extreme Kleinformat hervorruft.



TRUDE FRIEDRICH

Durch die zeitintensive Bearbeitung Bedeutung zu generieren vermag auch Trude Friedrich (*1955) in ihrem künstlerischen Schaffen. Gegenstand ihres Werkes sind alltägliche, unscheinbare Vorkommnisse, beiläufige Ansichten, die Friedrich durch ihre Kunstfertigkeit aufwertet, bzw. durch die minutiöse handwerkliche Tätigkeit beinahe symbolisch „auflädt“: Gräser, Häuser, Zäune. Man ist angehalten, ihre sorgfältig gefertigten Werke länger zu betrachten. Faszinierend exakt und täuschend echt ist die naturgetreue Nachbildung in Holz, etwa der einzelnen Grashalme in einer Vase („Grasschnitt“). Die langsam einsetzende Erkenntnis, dass durch die Verschleifung von Schein und Sein, Illusion und Identität, ein „falscher Eindruck“ erzeugt wurde, verunsichert. Auch liegende oder lose baumelnde Schnurstränge werden hölzern „versteift“ und wie Stöcke gegen die Wand gelehnt. Die sich aus dieser Vereinigung von Unvereinbarkeiten ergebende Erfahrung einer widernatürlichen bzw. unmöglichen Gegebenheit zeugt von einer Entfremdung bzw. „Verkehrung“ der Verhältnisse und mutet surreal an.

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21.10.2017 - 25.11.2017
Relikte
Vernissage: 20.10.2017
KünstlerIn(nen): Pauline M`barek

Pressemitteilung
Im Werk von Pauline M’barek tritt der Körper als Erkundungsinstrument auf. Als Medium der Weltaneignung ermöglicht er Erkenntnis, denn der elementare Erfahrungsschatz des Menschen basiert auf Sinneseindrücken, durch welche sich auch die Beziehung zur Umwelt erschließt. Mit den Sinnen erfährt, erfasst der Mensch seine Umgebung, das „Greifen“ ist zugleich ein „Begreifen“. Der Körper ist integraler Bestandteil des Selbst, ermöglicht aber gleichzeitig den Zugang zur Außenwelt. Als Grenze zum Anderen erscheint der Körper gleichermaßen durchlässig und dicht, porös und verschlossen. Sowohl Subjekt als auch Objekt, trägt und hinterlässt er Spuren der Interaktion.



M’barek setzt sich mit Wahrnehmungsprozessen auseinander, die sie aufspürt und bildhaft umsetzt bzw. in eine konkrete materielle Form überführt. M’barek befasst sich somit mit der Freilegung von Spuren subjektiver Wahrnehmungsmomente: „In der Ausstellung Relikte steht die Erkundung der sinnlichen Wahrnehmung durch einen Körper anhand von archäologischen Verfahren des Grabens, Entbergens und Abformens im Mittelpunkt: Auf welche Weise lassen sich sinnliche Wahrnehmungen materialisieren?“ (M’barek)


09.09.2017 - 14.10.2017
William Anastasi
Vernissage: 08.09.2017
KünstlerIn(nen): William Anastasi

Pressemitteilung
Das Werk von William Anastasi ist fest in der konzeptuellen Ausrichtung von Kunst verankert, die in den 1960er Jahren aufkam. Beeinflusst durch Vorreiter wie Marcel Duchamp, suchten die Vertreter dieser Richtung die Oberflächlichkeit einer sinnlich erfahrbaren “retinalen Kunst” (Marcel Duchamp) und ihre Aufmerksamkeit heischenden Effekte zu überwinden. Stattdessen propagierten sie die Idee oder das Konzept als einzig gültige, sinnstiftende Funktion von Kunst. Idee und Inhalt drängten die materielle Durchführung und die damit einhergehenden ästhetischen und technischen Gestaltungsfragen zurück. Die unter diesen programmatischen Vorgaben entstehende Kunst, die oft nur aus knapp verfassten Handlungsanweisungen bestand und von jedem ausgeführt werden konnte, diente nun der Hinterfragung ihrer eigenen Bedingungen, vor allem mittels Sprache und unter Verwendung von Tautologie oder Selbstreferentialität.



William Anastasi, der zu den Konzeptkünstlern der ersten Stunde gehört, führt in den hier versammelten Arbeiten auf Papier grundlegende Ansätze vor, die die Entstehung von Kunst auf alltägliche, ja banale Bedingungen zurückführt. Die nüchterne Erkenntnis, dass die Kunst nichts sei, außer sich selbst, ließ alle illusionistischen, repräsentativen Aspekte von Kunst hinfällig werden und setzte zugleich das Ideal eines genialen Künstlers außer Kraft, ebenso wie die Aura von Einzigartigkeit, die das konventionelle Kunstwerk umgab. Allein die theoretische Existenz und der dokumentarische Charakter der Kunst war nun maßgeblich, da die Kunst nicht über sich selbst hinausweisen, sondern vielmehr ihre wesentlichen Kernpunkte thematisieren, ihre materielle, unmittelbare und konkrete Realität in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rücken sollte.

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24.06.2017 - 05.08.2017
François Jacob
KünstlerIn(nen): Francois Jacob,
In die Ausstellung


28.04.2017 - 17.06.2017
Olav Christopher Jenssen
KünstlerIn(nen): Olav Christopher Jenssen,
In die Ausstellung


11.03.2017 - 20.04.2017
Ton Scherben Steine
Vernissage: 10.03.2017
KünstlerIn(nen): Jared Buckhiester, Robert Haiss, Leiko Ikemura, Sofie Muller, Gert und Uwe Tobias, , , Elmar Trenkwalder

Pressemitteilung
In der Ausstellung TON SCHERBEN STEINE zeigt die Thomas Rehbein Galerie eine Auswahl skulpturaler Werke verschiedener zeitgenössischer Künstler. Den Positionen gemein ist die Verwendung spezifischer Materialien, die im Titel – der provokative Impuls einer altgedienten deutschen Rockband schwingt hier mit - programmatisch proklamiert werden. Aus dem „Ton“, der wie Porzellan und Steinzeug zu den keramischen Massen zählt, wird der „Scherben“ – als Vorform oder Rohling – geschaffen. Auch der „Stein“ ist mit Werken aus edlen Sorten wie Marmor und Alabaster im Ausstellungskontext vertreten. Zugleich unterbricht der „Scherben“ - als Bruch- oder Teilstück - die Werkstoffreihe und führt einen störenden Aspekt ein, mit dem die Brüchigkeit der Exponate betont wird, eine Brüchigkeit, die neben der materiellen Beschaffenheit auch ihre Formgebung und inhaltliche Aussagekraft berührt. So offenbart sich vor allem im Kontrast zwischen Figürlichem und Fragmentarischem das spannungsvolle Konzept der Schau.



Oft erscheinen die präsentierten Werke „unvollkommen“, sind vom Herstellungsprozess „gezeichnet“, tragen Fehlstellen zur Schau oder behaupten demonstrativ ihren Rohzustand. Entsprechend dazu wird in der Darstellung des Körpers und dem Gegensatz von ganzheitlicher Gestalt und isolierten Körperteilen ein Menschenbild verhandelt, welches fragil und verletzlich ist. Von diesem ausgehend scheint sich zugleich ein Bruch mit der klassischen Bildhauerkunst zu vollziehen. Das propagierte Ideal, die Erfüllung der geistigen Idee durch Beherrschung beziehungsweise Sublimierung des Materials anzustreben, wird hier konterkariert und findet in anatomischen Ausschnitten und flüchtigen formalen Andeutungen Ausdruck. In diesem Zusammenhang lassen sich die Werke einerseits als experimentelle Gegenentwürfe zur gestalterischen Vollkommenheit begreifen. Andererseits manifestiert sich im Gebrochenen, aber auch Zweideutigen, Gespaltenen ein universelles Dilemma, die Dualität des Daseins zwischen Körper und Geist, Leben und Tod.

In die Ausstellung


14.01.2017 - 04.03.2017
Michael Kalmbach mein Venus
KünstlerIn(nen): Michael Kalmbach,
In die Ausstellung


02.09.2016 - 06.10.2016
Benjamin Houlihan the little something
KünstlerIn(nen): Benjamin Houlihan,


03.06.2016 - 16.07.2016
Mariele Neudecker Plastic Vanitas
KünstlerIn(nen): Mariele Neudecker,


16.01.2016 - 20.02.2016
Mel Chin
KünstlerIn(nen): Mel Chin


16.10.2015 - 21.11.2015
Tina Hage
KünstlerIn(nen): Tina Hage


05.09.2015 - 10.10.2015
William Anthony
KünstlerIn(nen): William Anthony


10.07.2015 - 22.08.2015
highlights
Anastasi / Bradshaw / Gefeller / Hemsworth / Hendricks / Houlihan
KünstlerIn(nen): William Anastasi, Dove Bradshaw, Andreas Gefeller, Gerhard Hemsworth, Jochem Hendricks, Benjamin Houlihan


29.05.2015 - 03.07.2015
Ulrich Pester
KünstlerIn(nen): Ulrich Pester


06.03.2015 - 11.04.2015
Susa Templin
Räume
KünstlerIn(nen): Susa Templin


30.01.2015 - 28.02.2015
Gerard Hemsworth
Outing
KünstlerIn(nen): Gerard Hemsworth


25.10.2014 - 29.11.2014
Lino Fiorito
KünstlerIn(nen): Lino Fiorito


06.09.2014 - 18.10.2014
SCHWARZ
Kirstin Arndt, Janet Passehl, Charlotte Posenenske, Michael Reiter
KünstlerIn(nen): Kirstin Arndt, Janet Passehl, Charlotte Posenenkse, Michael Reiter


27.06.2014 - 02.08.2014
JUN JIANG
Crystal Dystopia
KünstlerIn(nen): Jun Jiang


23.05.2014 - 21.06.2014
Jochen Flinzer, Charlotte Malcolm-Smith, Herbert Warmuth
KünstlerIn(nen): Jochen Flinzer, Charlotte Malcolm-Smith, Herbert Warmuth


06.12.2013 - 11.01.2014
Peter Sauerer
Elesampe
KünstlerIn(nen): Peter Sauerer


06.09.2013 - 19.10.2013
Mel Chin
KünstlerIn(nen): Mel Chin


08.06.2013 - 03.08.2013
Michael Kalmbach
der Mond scheint rund für jedermann
KünstlerIn(nen): Michael Kalmbach


19.04.2013 - 18.05.2013
JOCHEM HENDRICKS
Intercontinental Avatar
KünstlerIn(nen): Jochem Hendricks


23.11.2012 - 05.01.2013
Bénédicte Peyrat
KünstlerIn(nen): Bénédicte Peyrat


19.10.2012 - 17.11.2012
Susa Templin und Herbert Warmuth
weiss, schwarz ... und ein bisschen himmelblau
KünstlerIn(nen): Susa Templin , Herbert Warmuth


06.07.2012 - 18.08.2012
Julia Jansen
KünstlerIn(nen): Julia Jansen


25.05.2012 - 30.06.2012
Jared Buckhiester
The Nacked and the Clothed
KünstlerIn(nen): Jared Buckhiester


18.04.2012 - 19.05.2012
Stephan Melzl
KünstlerIn(nen): Stephan Melzl


20.01.2012 - 03.03.2012
Mariele Neudecker
KünstlerIn(nen): Mariele Neudecker


11.01.2012 - 23.02.2013
Anna Lena Grau
Halbzeug
KünstlerIn(nen): Anna Lena Grau


25.11.2011 - 14.01.2012
Gerard Hemsworth
blacklands
KünstlerIn(nen): Gerard Hemsworth


Bestand

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