Es raschelt in den Origami-Blumensträußen von Margarete Schrüfer: Wie in Zeitrafferaufnahmen scheinen die Blüten aus den kleinen bunten Papieren zu entwachsen und sich zu voller Pracht zu entfalten. Transparent, zart und duftig präsentieren sie sich auf den hochartifiziellen Fotografien. Sinnlich durchbricht Schrüfer mit der Überlagerung der immanenten Bewegungsabfolgen die Aufnahmen, mit denen sie auf ihre Serie Origami-Barock subtil weiterentwickelt. Mehr als bisher zeigt sich die Frage nach der Vergänglichkeit gestellt. Denn die Sträuße scheinen nah am Verblühen zu sein und würde man ein wenig warten, würde wohl ein erstes Blütenblatt fallen. Ironisch der Titel „Bastelanleitung“ – ein Gegensatz zur Poesie der Fotografien. Gleichzeitig unterstreicht die Künstlerin damit das handwerkliche Moment ihrer Kunst und spielt die komplexen Falttechniken als einfache manuelle Tätigkeit herunter. In keinem Fall kann jedoch nachvollzogen werden, wie die Blüten im Einzelnen entstehen. Im Gegenteil: es überwiegt die ästhetische Anmutung der nicht-natürlichen Gebilde, deren Erscheinung irgendwo zwischen Wirklichkeit und irrealem Raum liegt.
Barbara Leicht, Kunstmuseum Erlangen


Die Arbeiten erscheinen als künstlerische Studiofotografie. Vor schwarzem Hintergrund stehen Blumen jeweils einer Art in schwarzen Eimern (die auf der Aufnahme wundervoll glänzen), wie man sie aus Blumengeschäften zu kennen glaubt, Gruppen gleichartiger Pflanzen, nicht eine einzelne Blüte, auch kein Blumenarrangement, aber alles perfekt ausgeleuchtet.
Nur der aufmerksame Betrachter spürt, dass es sich nicht um echte Blumen handelt, sondern um Origami-Blumen. Tatsächlich beauftragt die Künstlerin einen Profifotographen. Weil die Unterscheidung zwischen Plastik und Skulptur obsolet ist, muss man die Künstlerin, deren Beitrag die Faltung des Papiers und nicht die Fotografie, als Bildhauerin bezeichnen. Dies ist bereits eine wesentliche Verschiebung, die unsere Wahrnehmung steuert.
Der zweite Blick lässt uns verweilen, wir stellen uns die mühselige Arbeit des Faltens vor - schlicht eine Frage der Geschicklichkeit und der Übung. Die Technik hat Schrüfer in Japan erlernt, also quasi an der Quelle. Das ist die zweite Verschiebung, nämlich ein Ortswechsel.
Diese Blüten haben eine andere Verfallszeit als frische Blumen. Die Gruppen gleichartiger Gewächse suggerieren den Charakter einer Massenproduktion (die nicht stattgefunden hat), verweisen auf einen Prozess. Origami ist eine bildhauerische Technik. Sie wird hier auf untypische Weise praktiziert und vorgestellt. Eine Aneignung hat stattgefunden, und sie wurde von einem Kulturkreis in einen anderen verschoben. Als Folge behalten die Blumen als solche eine künstliche Poesie. Ihre Darbietung geschieht jedoch mit einer gewissen Nüchternheit. Die Arbeit stellt Fragen, sie gibt keine Antworten.

Hans-Peter Miksch, Leiter der kunst galerie fürth,
Kurator der 2. Triennale Schweinfurt für zeitgenössische Kunst, anders:wo, Katalogbeitrag

Margarete Schrüfer

geb. 1969 in Bayreuth
1996/97 Werkbundwerkstatt Nürnberg
1997-2003 Akademie der Bildenden Künste Nürnberg
1997-1999 bei Prof. Hanns Herpich
1999-2003 bei Prof. Ottmar Hörl
2002 Meisterschülerin
2005 Studienaufenthalt in Tokyo, Japan

Einzel-Ausstellungen

2013 Kunst und Genuß, Kunst rund ums Walberla, Gräfenberg
2012 Origami-Barock, Institut für theologische und pastorale Fortbildung, Freising
FlowerPower, Galeriehaus Nord, Nürnberg
2010 Welcome to Arcadia, Kunstverein Ebersberg
2009 Schneekönigin, Galerie Defet, Nürnberg
2008 Blüten-Schau, Kunstverein Landshut (Kat.)
2005 Debutantenausstellung, Kunsthaus Nürnberg (Kat.)
2004 Wiese, Kunstverein Bayreuth
n° 12, die Vitrine, showroom für junge Kunst, Nürnberg

Gruppen-Ausstellungen (Auswahl)

2014 Stillleben, Galerie KunstKontor, Nürnberg
Märchen, Galerie Kunstraum Sterngasse, Nürnberg
2013 WOMÖGLICH Borgo Ensemble - Kunst und Freundschaft, Fürth
2012 Aichacher Kunstpreis, SanDepot-Halle, Kunstverein Aichach
anders:wo, 2. Triennale Schweinfurt für zeitgenössische Kunst, Kunsthalle
Schweinfurt (Kat.)
garten_projekt, Botanischer Garten, Erlangen (Kat.)
HWP-Stipendiatinnen, Akademie Galerie, Nürnberg
2011 Kunstpreis Nürnberger Nachrichten, Kunsthaus Nürnberg
Kunstpreis Nürnberger Nachrichten, Saal Gran Capitan Cajasur, Cordoba/Spanien
(Kat.)
LieblingsBilder, 20 Jahre ARTOTHEK, Kunsthaus Nürnberg
2010 … und still ruht der See, Landschaft und Natur in der Kunst heute, Städtische
Galerie Traunstein
2009 Grün der Zeit, Kunstmühle Oed
2008 INSIDEOUT, Akademie Galerie Nürnberg
2007 … und sie wurden gewahr, daß sie nackt sind…, Galerie Landskron/Schneidzik,
Nürnberg
2005 Basics, Transmediale Berlin (Kat.)
2004 mediale Arbeiten installiert im privaten Wohnraum, Salon Kretzschmar, Nürnberg
2003 Zeichnung, Kunstfabrik Groß-Gerau (Kat.)
2002 Kunst im Bau, Bankakademie Frankfurt/Main
Der verlorene Instinkt, Neuer Kunstverein Aschaffenburg
2001 Hand und Fuß, Grafschaftsmuseum Wertheim und Zumikon, Nürnberg
2000 Multiples Choice, Albrecht Dürer Gesellschaft, Nürnberg
Menschwerdung, Wanderausstellung der Evang.-Luth. Kirche in Bayern (Ansbach,
Augsburg, Bayreuth, Nürnberg, Regensburg und Würzburg)

Kunst im öffentlichen Raum

2010 Foyergestaltung, KUNO, Nürnberg
Himmel auf Erden, St. Elisabeth-Kirche, Nürnberg (Kat.)
2007 Bibelgarten, Herz Jesu Kirche, Erlangen

Auszeichnungen und Stipendien

2013 Kunst&Genuss Preis 2013 (2. Preis)
2010/11 Stipendium zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und
Lehre des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
2010 1. Preis mit Realisierung des ökumenischen Kunstprojektes ,,nach oben offen" der
Nürnberger Innenstadtkirchen in St. Elisabeth, Nürnberg
2009 Atelierförderung junger Künstler/innen des Kunstvereins Galeriehaus Nord,
Nürnberg
2005 Debutantenförderung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft,
Forschung und Kunst
2002 Erasmus-Stipendium Ecole Nationale des Beaux-Arts, Lyon (F)
1999, 2001, 2003 Danner-Klassenpreis

(Kat.) = Katalog